Tu dir was Gutes

Sonntag, den 22.10.23

-Br. Markus-

Micha 6,8

Es ist Dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von Dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.

Tu dir was Gutes

oder:

Von der Kunst, einen toten Gaul zu reiten

„Steig ab!“ das ist der Ratschlag, den der alte Indiander für uns hat (Schwager von Winnetou). Steig ab, wenn Du merkst, daß Du einen toten Gaul reitest. Klingt logisch – oder? Es bringt ja dann eh nix mehr.

Es ist eine klare Botschaft, die vernünftig scheint, und so steigen viele ab, auch ohne vorher zu prüfen, ob der Gaul wirklich tot ist, der da geritten wird.

Heutzutage muß man sowieso die Welle surfen. Da ist die Beschäftigung mit einem Reittier in sich schon total veraltet.

So scheint alles, was Glaube und Kirche ausmacht, irgendwie „toter Gaul“ zu sein. Es sieht so aus, als ob es keine Zukunft hat. Seit mehr als zweitausend Jahren sieht es so aus, als ob Gottes Wort ein toter Gaul wäre.

„Steig ab“ ist leicht gesagt. Zu prüfen, was toter Gaul ist und was nicht, ist da schon schwieriger.

Was wie toter Gaul aussieht, ist das, was gut für uns, nein, das Beste für uns ist, das, was uns ausmacht, unser Fundament oder auch die Säule der Erde ist.

Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist.“

1. Gottes Wort halten

Im Dschungel der Meinungen, im Wirrwarr der Stimmen, unter tausend Beliebigkeiten gibt es eine verläßliche Größe, einen Fels, der steht: Gottes Wort.

Das ändert sich eben nicht wie das Wetter oder das Bauchgefühl derer, die sich für erleuchtet halten. Gottes Wort hat Bestand. Gott rudert nicht heute hier und morgen woanders hin. Er ist klar fokussiert, fokussiert auf uns.

Er allein weiß, was gut für uns ist. Das ändert sich nie, auch wenn wir uns verändern, zu- oder abwenden, absteigen oder sitzen bleiben.

Gottes Wort paßt sich nicht den Modemeinungen an. Es bleibt in sich, wie es ist, um so zu sein, wie es immer schon war: Das Wort, das die Welt bewegt, stabil und verläßlich.

Man kann es anzweifeln, verspotten oder ignorieren, es ändert sich dadurch nicht. Es bleibt uns zugewandt. Es schafft, was es sagt. Es verweht auch nicht, wie Worte verwehen, die man gedankenlos spricht.

Es bleibt was es ist und ist zugleich extrem dynamisch.

Es gewährleistet Saat und Ernte, Sommer und Winter mit allem, was ist.

„Himmel und Erde werden vergehen, meine Worte werden nicht vergehen.“

Gottes Wort bestimmt, was Recht ist und was nicht – nicht ich oder meine spirituelle Fantasie.

Gottes Wort halten und das Recht halten sind ein- und dieselbe Angelegenheit.

Was gut für mich und was recht ist, erschließt sich in dem Gott, der gerecht spricht am Ende der Zeit. Deshalb kann es keine private oder mehrheitliche Erklärung dafür geben.

Gott ist der Nabel der Welt – nicht ich und meine schwankenden Gemütszustände.

Gottes Wort halten bedeutet für mich, in eine lebendige Auseinandersetzung mit ihm zu gehen, es gründlichst hören zu lernen und an mich heranzulassen.

Gottes Wort halten kann nur, wer es zuerst aushält. Das ist nicht immer einfach für die Welt und für die Menschen, die auf ihr leben.

Wer es aber hält, den hält es aus. Und das ist das Wort, das mich gerecht spricht in meiner Selbstgefälligkeit. Das Wort allein ist nicht irgend eine Möglichkeit, sondern die einzige Chance, lebendig zu sein.

Es macht  aktiv in Christus mit mir und durch mich und macht mich fähig

2. Liebe zu üben

„Begegnet einander mit Güte“ – formuliert ein anderer Übersetzer.

Es geht nicht um das, was Gott empfiehlt, also in unser Ermessen gestellt wäre, sondern um das, was er fordert, berechtigt von uns verlangt.

Es ist ein schlechter Vergleich, aber wenn wir einem Kunden eine tolle Pflanze liefern, fordern wir ja auch eine Bezahlung.

Wir können Gott nicht bezahlen. Sein Wort fordert aber Verwirklichung. Eben darin ist Gottes Wort so lebendig, daß es uns fordert, Liebe zu leben, Ehrfurcht zu leben, Güte zu tun.

Es geht um ein Tun-Wort, nicht um ein Betrachtungs-Wort. Meditation ist eine schöne Sache, wo sich daraus aber nichts ergibt, ist sie zwecklos.

Gottes Wort macht immer lebendig, wirkt konkrete Veränderung in mir und durch mich.

Gottes Wort will durch meine Liebe und Güte sichtbar werden – nicht durch die theoretische, sondern durch die gelebte Güte.

Das wirkt sich in allem aus, auch und gerade in meiner Arbeit, zuhause wie unterwegs, im engen wie im weiten Freundeskreis – unter allen, die mich „mögen und nicht mögen.“

Wie ich arbeite, was ich arbeite und mit wem ich zusammenlebe, entscheidet sich darin.

Es geht nicht darum, die Welt zu umarmen, aber schon, das Leben prägen und bewegen zu lassen durch das Wort.

Gott will mich zum Leben führen. Das gelingt nur, wenn man sich auch führen läßt und nicht in sich selber erstarrt.

Gottes Wort entfacht mich. Es läßt mich nicht ruhen in meiner Selbstgefälligkeit und Selbstzufriedenheit.

Es ruft mich hinaus, raus aus dem Schneckenhaus, hin zu den anderen, die genauso ringen wie ich.

Gottes Wort will mein Muntermacher sein, der mich ermuntert, aufzubrechen aus meiner kleingestrickten Welt.

Es heißt nicht umsonst „Liebe üben“, weil man lebenslang üben muß, um so großzügig zu sein wie der, der das Wort spricht.

Er fordert aber noch mehr, er fordert uns auf

3. Demütig zu sein

„Demut ist eine vor allem religiös geprägte Geisteshaltung, bei der sich der Mensch in Erkenntnis der eigenen Unvollkommenheit dem göttlichen Willen unterwirft.

Demut ist eine Haltung, kein Gefühl. Dahinter steht die Bereitschaft zum Dienen und begründete Ergebenheit, etwas Notwendiges hinzunehmen oder sich selbst als eher unwichtig zu betrachten.

Demut ermöglicht die innere Freiheit, authentisch zu sein, weil wir nicht vor uns und vor anderen verstecken müssen, was alles an uns ist.“ – sagt ein Lexikon.

Gottes Wort läßt mich mich selber ehrlich wahrnehmen und annehmen. Es ist ein lebendiger Prozeß, total lebendig, baut auf und hilft mir, aufzublühen. Es ist das unwandelbare Wort Gottes, das alles wandelt.

Verwandlung findet ja statt.

Verwandlung ist das, was Leben schafft.

Verwandlung ist das, was gut für mich ist.

Verwandlung ist das, was mich gerecht macht.

Verwandlung ist das, was mich zu dem werden läßt, der ich im Auge Gottes bin.

Es tut mir gut, wenn Gott mich gerecht spricht, mich und alle um mich herum, die sich schwertun damit, die besseren Menschen zu sein.

Gott liebt mich aktiv. Seine Güte hilft mir dabei, einer wie er zu sein – vom Leben erfüllt.

Es mag wohl ein alter Gaul sein, auf dem ich reite. Tot ist er aber noch lange nicht, auch wenn er daherkommt wie ein Schluck Wasser in der Kurve.

Der Vorteil von einem alten Gaul ist, man sitzt so tief, das man im Höhenflug nicht abstürzen kann.

Deshalb empfiehlt der Prophet Micha im heutigen Predigttext uns allen: Tu Dir was Gutes, bleib sitzen. Solange der Gaul einfach nur müde ist, macht es keinen Sinn, einfach nur abzusteigen. Amen.

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