Erfrischt

Ps. 36, 10 | Br. Markus

Eiszeitquell ist ein Mineralwasser aus der Eiszeit, denn am Ende der letzten Eiszeit versickerte eine riesige Menge Gletscher-Schmelzwasser tief in den Gesteinsschichten der Erde. Durch eine seltene Erdverschiebung wurde es am Fuß der Schwäbischen Alb in rund 400 m Tiefe abgeriegelt. Seitdem gibt es keinen Zufluß von der Außenwelt, und darum ist Eiszeitquell auch heute noch so rein wie vor über zehntausend Jahren. Nitrat, Nitrit und sämtliche Schadstoffe unserer modernen Zeit sind darin nicht nachweisbar.

Um eine Erfrischung ohne schädliche Schadstoffe unserer modernen Zeit geht es im heutigen Predigttext.

1.          Bei Dir

Bei Dir ist die Quelle des Lebens.

David erkennt die Quelle allen Seins in Gott. Man könnte ihm jetzt unterstellen, daß er ein prähistorischer Ziegenhirte mit begrenztem geistigen Wendekreis wäre, noch nicht auf der Erkenntnisstufe eines modernen Menschen stehend.

Ich persönlich bin der tiefen Überzeugung, daß es bereits vor Tausenden Jahren sehr intelligente Menschen gegeben hat, deren Erkenntnisstufe sogar über unserer heutigen liegen kann.

Bei Dir – David ist eine Erkenntnisstufe höher. Er ist fähig, einen anderen wahrzunehmen. Er muß Gott nicht zwanghaft in sich selber suchen. Er kann die Quelle ganz außerhalb seines persönlichen Gesichtsfelds sehen.

Bei Dir – da ist die ganz große spirituelle Erfahrung, daß da viel mehr ist als nur ich, der versuchen muß, sich selbst zu helfen. Da ist die ganz große Erfahrung Gottes, der so viel mehr ist als ich, der mühsam versucht, Größe zu gewinnen.

„Bei Dir“ ist mehr, als ich je sein werde.

David hat kein Problem damit, Gott seine Größe zuzu gestehen.

Bei Dir – das ist die verrückte Entdeckung, daß ich es nicht alleine schaffen muß, nicht unfehlbar sein muß, nicht bärenstark und hart.

Bei Dir – nicht ich muß die Quelle allen Lebens sein.

Es ist die Entdeckung einer wesentlich größeren Quelle, als ich mir überhaupt vorstellen kann.

Wir müssen uns zu der theologischen Erkenntnis durchkämpfen, daß die Quelle der Erms nicht in Dettingen, sondern in Seeburg ist. Das tut weh, ist aber so. Bei mir fließt das Wasser nur durch. In Dettingen fließt das Wasser nur durch. Es entspringt ganz unscheinbar auf einer kleinen Wiese bei Seeburg.

Gott allein ist

2.          Ursprung und Ziel

Gott ist meine Quelle. Aus ihm entspringe ich. Er ist mein Zuhause, in das ich heimkehren kann.

Er ist meine Kraft, die mir in allen Kämpfen ausgegangen ist.

Er erfrischt mich – nicht ich ihn – der kleine, aber feine Unterschied. Aus ihm leben und sind wir.

Quelle des Lebens und Licht – die moderne Naturwissenschaft geht davon aus, daß alles Leben aus dem Wasser kam. (Stichwort Fotosynthese).

Licht und Wasser sind die lebensschaffenden Elemente überhaupt, das Gegenteil von dunkel und trocken. Jeder Gärtner weiß: Im Dunklen, Trocknen wächst nichts oder eher wenig. Wasser und Licht bringen die Welt zum Blühen – in jeder Hinsicht.

Gott ist der Macher dieser Elemente allein. Ich kann die Sonne weder aufgehen noch sinken lassen, und selbst mein angestrengter Indianer-Regen-Tanz könnte der vorüberziehenden Wolke bestenfalls ein müdes Tröpfeln entmelken.

Wer also bin ich, daß ich das Recht hätte, zu behaupten, selber die Quelle zu sein? Ich bin geschaffen in einen Raum, in dem beides bereits stattfindet, gegeben ist: Wasser und Licht.

Die Sonne wird nicht von mir angeknipst und der Regen stammt nicht aus meinen Gartenschlauch. Er kommt über mich, manchmal vollständig überraschend und mehr, als mir lieb ist. Manchmal läßt er mich warten und will einfach nicht meinem ganz persönlichen Anspruch gefügig sein. Der Regen regnet von ganz allein – oder eben auch nicht. Er untersteht nicht meinem Zugriff.  Wir können eine sensorgesteuerte Berieselungsanlage bauen – mehr aber auch nicht.

Das ist die entscheidende Erkenntnis des Königs David, der einmal Ziegenhirte gewesen ist: Wasser und Licht gibt Gott allein – wird sich vermutlich auch nicht ändern in den nächsten zweitausend Jahren, in denen die Erde noch dreht.

„In seinem Lichte sehen wir das Licht“.

Wir können

3.          Sehen

Da ist die Sonne, die scheint – kaum zu übersehen, wenn man nicht gerade nachts unterwegs ist.

Da ist aber noch mehr, was es zu sehen gilt.

Das Licht Gottes – Buber übersetzt: „In deinem Lichte sehen wir Licht.“

Das ist eine stärkere Erfrischung als Wasser und Sonne allein. Es ist die Erfrischung unserer verdunkelten Seele in der Kraft des lebensschaffenden Gottes allein. Das Licht Gottes, das Licht der Hoffnung, das er gibt, ist mehr als alle Beleuchtungsversuche dieser Welt je sein können.

Sein Licht ist das Licht des Heiligen Geistes, das uns die Richtung gibt. Sein Licht ist nicht von dieser Welt. Sein Licht ist das, was unbestechlich ist und auch das zu Tage fördert, was lieber in der  Dämmerung geblieben wäre. Sein Licht ist das, was ewig ist.

In diesem hellen Schein wird klar, was wahr ist und was nicht.

Es ist das Licht der Gerechtigkeit Gottes und seiner Wahrheit, das auf die Erde strahlt mit allem, was auf ihr verborgen ist – ganz gleich, wie dunkel es auch scheinen mag. Ganz bewußt spricht David nicht nur von Licht als solchem, sondern von „seinem Licht“ – also einem Gott zugeordneten Licht. Ein Licht mit besonderer Qualität. Allein im Lichte Gottes können wir uns sehen, so, wie wir wirklich sind.

In seinem Lichte können wir sehen, was wir falsch machen. In seinem Licht können wir zugeben, daß wir es falsch machen. In seinem Licht können wir lernen, uns zu akzeptieren. In seinem Licht können wir aufhören, uns anders zu beleuchten. In seinem Licht können wir viel schöner strahlen, als wir sind.

Im Licht der Barmherzigkeit Gottes fängt unser Leben an, wird unser Leben überhaupt erst zu Leben im eigentlichen Sinn. In seinem Licht hören wir auf zu vegetieren und blühen an.

Es ist das Licht der Welt, das uns in Christus zu sehenden und lebenden Wesen macht. Es ist das Licht, das durch die Wolken bricht, selbst wenn es Dunkelheiten hagelt. In Christus können wir sehen, daß Gott uns liebt – selbst wenn wir`s gar nicht glauben können. Im Lichte Gottes sehen wir den, der uns festhält, wenn alles davonschwimmt, einstürzt oder zerbröselt.

Im Lichte Gottes sehen wir Auferstehung. Wir können sehen, daß es nicht zu Ende ist, nie zu Ende sein wird – das Leben, das nur einer gibt, das Leben aus der Eiszeit, das von allen Schadstoffen befreit ist.

Das erfrischt – auch, wenn draußen alles anders ist.

Auch bei 35 ° im Schatten.

Wir sind in Christus erfrischt. Amen.

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