Deine Tragik will geliebt sein

Wir warten auf dich, Herr, auch auf dem Weg deiner Gerichte.
Jes. 26,8

Es gibt viele Dinge, die mir nicht schmecken. Mich regt es an mir selbst auf, wenn ich mich über jemand ärgere. Es nervt mich zu entdecken, wie ich über andere rede und urteile. Ich empfinde Groll, wenn die Versicherung den Hagelschaden der Gewächshäuser nicht voll abdeckt und wir neue Schulden machen müssen. Dafür habe ich mir in diesem Monat Oktober eine Aufgabe aufgegeben, mit der ich eine neue Gewohnheit einüben möchte: „Aus mir kommt bedingungsloses Ja zum Moment.“ Es soll nicht nur das Ja zu allem Schönen sein, sondern ganz bewusst ein Ja zu Ärger, Schmerz, Widerstand und Unverständnis. Ich will all das Unangenehme lieben lernen. Ich will allen Mist liebevoll in meinem Leben begrüßen.

Gewöhnlich leben wir auf das zu, was uns Freude macht. Wir warten auf den Feierabend oder das Wochenende, um endlich weg von Stress und Druck zu sein. Wir planen einen schönen Urlaub oder das lang ersehnte Eigenheim. Ganz gezielt leben wir irgendwie immer auf besser Zeiten zu, weil der Augenblick so unerträglich ist. Wir sind sozusagen auf der Flucht vor dem Jetzt. Wir warten auf das später und versäumen dabei das heute. Wo wir auf Gott und seine Gerichte warten, hören wir auf zu fliehen und kommen voll im Hier an. Da sehe ich das, was mir jetzt gerade an Unliebsamem passiert nicht als Hindernis, das mich vom eigentlichen Leben abhält, sondern als Segen, der mich zur Reife führt. Das Gericht will meine eigentliche Essenz freisetzen. Das scheinbare Übel wird mein Heil.

Was wäre, wenn das Ungemütliche, unter dem du gerade stöhnst und dir so schnell wie möglich wegwünscht, dir ein heilsamer Wegbegleiter sein will? Welcher Frieden würde sich in dir ausbreiten, wenn du Gericht nicht als erniedrigend betrachtest, sondern als das, was dich heilen will?

Wie könnte ich eine neue Liebesbeziehung zu meiner Tragik entwickeln?

Erlaube dir, ganz du selbst zu sein! Gott segne dich!

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2 Antworten

  1. Dieser Vorsatz, mein lieber Bruder, hat mir ein Grinsen geschenkt, denn auch ich kann immer wieder spüren, wie mein Körper und mein Geist sich entspannen, wenn ich solche Gedanken habe.
    Alleine das Aussprechen von „Ja gut oder Ja, in Ordnung“ nimmt der Macht des Egos viel Kraft weg. Es laut zu sagen, hilft noch ein bissl besser, als nur es zu denken, habe ich auch für mich erfahren dürfen.
    Leider hält es aber nie sehr lange an, bis das Ego sich wieder einschleicht und für sich was haben will, oder kundgibt, wie sehr ihn dieses oder jenes nervt.
    Aber eine grosse Hilfe es bereits, dass ich es kommen höre, es also sofort identifizieren kann als das was es ist, und deshalb kann ich immer wieder völlig ruhig einfach nur hinhören wie es begehrt und jammert und flucht, ohne mich dazu zu bringen auf seine Seite zu wechseln.
    Einer meiner grössten Fortschritte, die ich machen durfte.
    Drück Dich ganz lieb im Gedanken, mein lieber Theophilos und wünsche Dir ein gesegnetes Schabbat Schalom.
    <3 <3 <3

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