Von Grund auf Christus

1. Kor. 3, 9-15 – Br. Markus

„Wie hätten Sie`s denn gern, mit oder ohne scharf, groß oder klein, grün oder blau?“

Wir sind es gewohnt, zu wählen. Was gefällt oder angenehm ist, wird gekauft, und da ist es schnell passiert, daß die Kirche mit einer Dönerbude verwechselt wird, in der jeder sagt, was er haben will – mit oder ohne scharf. Erstaunlich, daß gerade diejenigen, die nie hingehen, am besten wissen, wie Kirche zu sein hat. Mich wundert es, daß eine Kirche, in der zweitausend Jahre lang alles falsch gemacht wurde, so lange überlebt hat. Wenn das kein Wunder ist, weiß ich auch nicht. Solange es Kirche gibt, gibt es Diskussionen, wie Kirche zu sein hat. Es ist also nix Neues, daß man sich so seine Gedanken macht. Das Schöne daran ist, daß es hunderttausend Möglichkeiten gibt, richtig gute Kirche zu sein, wenn eine einzige Tatsache geklärt ist: Der Grund, auf dem sie steht, muß Christus sein, von Grund auf Christus.

Christuskirche kann nur christlich sein, wenn sie diese Tatsache nicht aus dem Auge verliert.

1.          In Gottes Team

Ihr seid Gottes Ackerland und sein Bauwerk.

Nicht ich bin der Fels in der Brandung. Nicht ich bin der der Leuchtturm an der Küste. Nicht ich bin der Nabel der Welt. Gott ist der Macher. Es ist wichtig, einen genauen Standort zu finden, heißt es doch an anderer Stelle: „Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt.“ In Gottes Team herrscht ein klares Bewußtsein, wo der Einzelne steht. Wir sind nicht allein. Wir sind nicht im Schrebergartenverein, wo jeder sein eigenes Radieschen sät. Wir sind ein Teil, ein Team, Mitglied eines größeren Ganzen, das die Erde bewegt. Nicht allein. Kirche ist nicht das, was eine Gruppe von Menschen als richtig erkennt, sondern wesentlich mehr.

Wir sind Gottes Ackerland. Ich bin Teil der Kirche. Ich bin Kirche, aber sie gehört nicht mir. Kirche gehört Gott allein. Nicht ich gehöre mir, sondern wir gehören Gott. Das ist der kleine, aber feine Unterschied. Es wirkt sich aus bis in alle Lebensbereiche. Wir gehören Gott – nicht im Sinne der Sklaverei, aber als wichtige Grunderkenntnis. Kirche ist immer und zuerst Werk Gottes in der Welt, auch in mir und durch mich, aber ich bin nicht die Ursache und der Eigentümer, sondern Mitverurscher und Miteigentümer – will heißen: Es gibt immer noch andere, die mit im Boot sitzen, mit rudern und mit reden wollen, sollen, können und müssen. Wir sind im Team mit Gott. Die Kirche ist größer als ich und meine Idee von mir. Sie war vor mir da, wird auch ganz ohne mich und nach mir noch sein.

Sie will mich aber ganz und durch mich bereichert sein, durch mich einen ganz speziellen Charakter, besondere Note oder unverwechselbare Eigenschaft gewinnen. Ich bin ein ganz kleiner, fast winziger Mosaikstein in einer atemberaubenden Kathedrale, einem Meisterwerk der Baukunst. Ich bin nur der Gärtner im anderen, ganz großen Garten Gottes, der auch ohne mich blühen würde, aber mit mir und durch mich zu seiner wahren Schönheit findet. Wir sind ein Team. Kirche ist gemeinsam stark. Wir sind Gottes Ackerland, evangelische wie katholische oder sonstige Furche auf dem  Grund, der Christus heißt.

Wir gehören Gott. In seinem Team herrscht

2.          Persönliche Gestaltungsfreiheit

… das Fundament, das bei euch gelegt wurde, ist Jesus Christus … Nun kann man mit den unterschiedlichsten Materialien weiterbauen …

In Barcelona steht eine atemberaubende Kathedrale. Dem Architekten ist es auf eine ganz besondere Weise gelungen, auszudrücken, was Kirche ist. Sie ist ein absolutes Meisterwerk. Mehrere Generationen arbeiten schon an ihr. Es wird eine einzigartige Kathedrale, die unter verschiedensten Formen und Materialien durch den außergewöhnlichen Entwurf zu einer faszinierenden Einheit wird.

Es kann nie ein tolles Bauwerk werden, wenn jeder für sich ein Mäuerchen mauert, wo er meint, daß eine Mauer zu stehen hätte. So manch ein Frommer umwickelt sein ganzes Leben mit Maschendrahtzaun, wo keiner nötig gewesen wäre. Kirche kann nicht gedeihen, wo Privatplanungen und eigene Ideen krampfhaft festgehalten werden, herausgenommen aus dem Masterplan. Es braucht Einverständnis in Gott, Einverständnis in seinen viel größeren Lebensplan.

Das Haus des Glaubens steht auf Christus. Ein besseres Fundament gibt es nicht. Da muß ich nichts dazubetonieren oder nachmauern. Es ist ein Fundament, das in sich selber trägt. Wir stehen auf Christus – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht nur physikalisch. Besser kann man nicht stehen. Das ist nicht Venedig, wo die Pfosten langsam im Brackwasser abfaulen. Christus trägt die Christenheit. Nicht ich muß sie tragen. Was mal betoniert ist, hält aus.

Der feste Grund soll uns aber nicht zementieren, sondern nur untermauern. Er ist nur die Ausgangsbasis. Wenn ein Haus fertig ist, sieht man vom Fundament nichts mehr, und doch ist es das Fundament, das alles trägt. Es geht um ein Fundament, auf dem die tausend Türmchen, die hohen Gewölbe und Pfeiler, die kühnen Mauern und verschnörkelten Erker stehen. In Christus allein kann Kirche Gottes Eigentum sein. Zu fremd wäre die Welt für Gott ohne ihn. An Christus richtet sich alles aus und pegelt sich ein. Ohne ihn kann Kirche nicht sein, weil Gott sonst wenig Gemeinsamkeiten mit uns hätte.

Wir stehen auf Christus, nicht festgenagelt oder ausgebremst, sondern frei, frei für einen völlig verrückten Plan, ein Haus zu bauen und zu sein, von dem keiner weiß, wie es einmal aussehen wird, weil es sich ständig verändert während des Bauens und durch Diejenigen, die bauen. Keiner von uns weiß heute, wie Kirche morgen aussehen wird oder übermorgen, wenn sie fertig ist oder überhaupt fertig wird. Wer Kirche bauen will, braucht extrem viel Fantasie für einen außerirdischen Bauplan, an einem Haus zu bauen, von dem man nicht weiß, wie es einmal werden wird.

Christus verändert die Welt, damit auch mich. Er macht mich vom Macher zum Mitmacher, vom Arbeiter zum Mitarbeiter, vom Lacher zum Mitlacher und vom Leidenden zum Mitleidenden. Mein Leben bekommt auf einem starken Fundament eine völlig neue Größenordnung und eine bewegte Zukunft. Ein steiler Aufstieg. Das eigene Haus ist im Vergleich zu Gottes Welt wie eine Hundehütte neben der Kathedrale.

„Mitarbeiter in der Kathedrale der unbegrenzten Möglichkeiten“ schreibt Gott mir auf die Visitenkarte. Wer ihm gehört, darf mit dabei sein bei dem Jahrhundertprojekt – schon jahrtausendelang. Gott fordert uns heraus, nicht irgendwo irgendwas Frommes zu tun, sondern zielstrebig kreativ zu sein, mitzumachen an seinem Plan, der meine besten Ideen bei weitem überragt.

Kirche bauen und sein mit

3.          Geprüfter Qualität

13 Doch an dem Tag, an dem Christus sein Urteil spricht, wird sich zeigen, womit jeder gebaut hat. Dann nämlich wird alles im Feuer auf seinen Wert geprüft, und es wird sichtbar, wessen Arbeit dem Feuer standhält.

Wir können und sollen mit dem unterschiedlichsten Materialien bauen. Es weht ein großer Hauch von Freiheit, frischer Wind Gottes für ganz verschiedene Lösungen. Mitarbeit heißt für Gott, auch Mitentwerfen, Miterleben, Mitplanen. Gott will Leute mit Fantasie genauso wie mit Ausdauer, Geschick und Kraft. Der Spielraum ist groß. Gott will durch uns etwas erreichen. Es gibt dabei kein frommes Muster- oder Reihenhaus. Von der primitiven Strohhütte bis zur fetten Villa, vom Glaspalast bis zum Iglu ist alles drin. Gott baut Kirche mit Leuten wie uns.

Wie wir bauen, steht in unserer Verantwortung. Gott engt dabei nicht ein, hat aber ein hohes Qualitätsbewußtsein. Es muß im Feuer standhalten. Unser Glaube soll ein Glaube sein, der nach der Krise noch da ist, die Kirche eine Kirche, die das Feuer übersteht. Es ist unsere Entscheidung, wie wir bauen. Es ist gleichzeitig unsere Verantwortung, die richtigen Baustoffe dafür auszuwählen

Was nach dem Feuer bleibt, ist nicht viel – meistens nur Asche und Ruß – wissen wir erschreckend genau seit dem Brand. Hinten klebt noch an der Wand, was in glücklichen Tagen einmal eine schöne Orgel war. So ein Rest von Pfeife, zerschmolzen in heißer Glut, ist nicht das, was vorzeigbar wäre – selbst wenn es in zerstörter Form noch schön aussieht. Was nach dem Feuer bleibt, kann aber auch eine geschnitzte Holzkrippe sein, die steht, als ob es nie gebrannt hätte und tausend Grad selbst Beton zum Brennen brachten.

Was nach dem Feuer steht, weiß keiner von uns, weiß nur Gott allein. Er ist es, der ganz allein das Echtheitszertifikat vergibt für das, was Glaube ist und was nicht. Gott nimmt sich das Recht heraus, vom Menschen eine Antwort zu fordern. Er fordert einen Rechenschaftsbericht, was geworden ist aus den anvertrauten Pfunden. So stellt er auch den Machern der Kirche und den Mitmachern in ihr die Frage, was daraus geworden ist. Ein extrem steiler Anspruch, dem wohl keiner, wenn man ehrlich ist, genügen kann. Es gibt sie eher nicht, die Gemeinde, die nicht dahinter zurückgeblieben ist hinter dem, was sie hätte sein sollen und können.

So muß das Gütesiegel, das Gott gibt, ein Zertifikat der Barmherzigkeit sein. Anders geht es nicht. Kirche ist mehr. Sie ist ein Ort von viel mehr Gnade, die Gott gibt, als der Mensch begreifen kann. Sie kann nur darin echt sein, daß sie nach dem Siegel der Barmherzigkeit strebt, die allein in Christus lebt, weil es aus eigener Kraft kein Mensch erreichen kann. In diesem Sinne sind wir Kirche – in der Kraft, mit der Gott liebt.  Ein besseres Gütesiegel gibt es nicht. Amen.

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