Die Blinde Kuh

24.06.18 – Petr. 1, 8-12 

Spielen wir doch mal die Blinde Kuh! Ein Suchspiel für Kinder, das bereits im Mittelalter ein Gesellschaftsspiel für Erwachsene war und einige Maler zu historischen Werken bewegte. Ein Spieler bekam die Augen verbunden und hatte sich durch den Raum hindurchzutasten, um Mitspieler zu erwischen. Wer von ihm berührt wurde, musste stehen bleiben. Durch das Erspüren des Gesichtes, musste der Mitspieler erkannt werden, um dann als Nächster die Blinde Kuh zu sein.

Nicht sehen und doch den anderen erkennen, ist nicht nur ein interessantes Spiel, sondern offenbart das Geheimnis des Glaubens.

  • Berührt werden

Gott ließ sie wissen, dass diese Offenbarungen nicht den Propheten galten, sondern euch selbst. Nun sind sie euch verkündet worden, und zwar von denen, die euch die rettende Botschaft gebracht haben. Gott hat sie dazu durch den Heiligen Geist bevollmächtigt, den er vom Himmel zu ihnen sandte. Diese Botschaft ist so einzigartig, dass selbst die Engel gern mehr davon erfahren würden.

Wo Gott offenbart, gibt es Geheimnisse, die kein Mensch kapiert. Für Gottes Sache ist die menschliche Intelligenz blind. Wo es um das Reiches Gottes geht, spielt der Mensch Blinde Kuh. Da sind die Augen verbunden; da gibt es nichts zu sehen, nichts zu verstehen und nichts zu begreifen. Mit allem Wissen, mit allen Wissenschaften kann man Gott nicht näherkommen.  Gott ist mit keinem Studiengang zu erforschen. Hinter das Geheimnis Gott kommt kein Mensch. Die Absicht Gottes lässt sich von keinem Computer entschlüsseln. Wer meint, Gott zu verstehen, hat von ihm noch nicht das Geringste verstanden.

Die erste Voraussetzung für eine Gottesbegegnung ist, sich selbst als blind und tastend zu erkennen. Da wo alle Meinungen über Gott wegfallen, geschieht Offenbarung. Wo der Mensch nichts weiß, lässt Gott wissen. Alles Weisheit von Gott ist nicht lernen, sondern Inspiration durch ihn selbst. Der Geist ist der Wächter über Gottes Geheimnisse. Da berührt nicht der Blinde den Schöpfer, sondern wird von ihm berührt.

Wo der Geist berührt, sehen Propheten Dinge, die die Sehenden nicht sehen können. Im Offenbaren geht Gottes Schatztruhe auf. Gott lässt sich ins Innerste seiner umfassenden Heilsgedanken blicken. Wo Gott offenbart, schauen wir in das Herz, das bis zur Selbstaufgabe liebt. Unter dieser Offenbarung redet ein Mensch, als würde er von einem anderen Stern kommen. Das ist so außergewöhnlich, so unfassbar, dass selbst die Engel danach Schlange stehen. Wo Gott sein Heiligstes offenbart, zittert die irdische und himmlische Welt. Da knistert Herrlichkeit auf verbrannter Erde. Da werden Netze prallvoll, und Tausende von ein paar Broten und Fischen satt. Da werden Tote lebendig. Im offenbar werden, platzt die Erde aus allen Nähten. Das Wissen um Gott ist immer das berührt werden durch den Geist. Vollmacht ist das berührt worden sein durch das Wort, das Menschen zum Überlaufen bringt.

Gott berührt die nicht Sehenden.

  • Tasten durch die Blindheit

In ihnen wirkte bereits der Geist von Christus. Er zeigte ihnen, dass Christus leiden müsste und danach Ruhm und Herrlichkeit empfangen würde.

Wo der Geist wirkt, kommt hilfloses Tasten, mit geführt sein zusammen. Da ist einer blind und sieht trotzdem. Er sieht Leiden mit Herrlichkeit zusammen. Es ist herrlich, sich in einem elenden Zustand zu befinden und doch geführt zu sein. Die Erfahrung von Schmerz, von Hilflosigkeit, von ausgeliefert sein, führt unmittelbar zu Gott. Das Tasten durch die Blindheit gehört wie Essen und Trinken zum Leben.

Christus musste sich durch die Dunkelheit der Welt leiden, um zum Licht der Welt zu werden. Ohne das Leiden Christi kann keinem Menschen Herrlichkeit offenbart werden. Nur unter dem Zerbruch dessen was uns vor Augen steht, können wir das sehen, was in Gott ist. Herrlichkeit ist so umfassend, so klar, so leuchtend und alles durchdringend, dass alles was nicht nach Herrlichkeit aussieht wegbrechen muss. Die Blinden, die sich durch diese Welt tasten, müssen auf den Kuhstall stoßen, wo Herrlichkeit das Licht der Welt erblickt. In der Krippe fallen zwei Welten aufeinander. Da beginnt der Leidensweg für die Herrlichkeit. Am Tag der Geburt Christi fängt bereits der Kreuzweg an. Das Licht der Welt musste seinen Weg über Golgatha gehen. Das Licht in sich, konfrontiert die Finsternis. In Christus selbst, liegt sein Kreuzweg begründet. Wer aus Herrlichkeit ist und auf Herrlichkeit zugeht, muss die Finsternis zerlegen. Das Kreuz ist für den Glauben unabwendbar.

Dort wo ein Mensch zur Gottesgegenwart in dieser Welt aufbricht, wird der Weg härter und schwerer. Alles in unserem Leben, ist ein umgestaltet werden auf die Herrlichkeit zu. Da reibt sich das Göttliche am Menschlichen. Das geht nicht mit erbaulichen Gesprächen bei festlichem Essen. Um den Leidensweg kommt der Nichtsehende nicht herum. Herrlichkeit will reifen. Herrlichkeit reift in den Konflikten unserer Tage. Sie wächst unter den Schmerzen unserer Krankheit. Sie offenbart sich im Untergang der Welt.

Daher brauchen die Tastenden …

  • Glauben im Wahnsinn

Ihr habt ihn nie gesehen und liebt ihn doch. Ihr glaubt an ihn, obwohl ihr ihn auch jetzt nicht sehen könnt, und eure Freude ist herrlich, ja, grenzenlos, denn ihr wisst, dass ihr das Ziel eures Glaubens erreichen werdet: die Rettung für alle Ewigkeit. 

Glaube ist paradox. Er ist ein Leben im Widerspruch zu sich selbst. Wir lieben Menschen, die wir sehen, wir glauben ihnen, weil wir sie kennen und gehen dabei trotzdem heillos baden. Das geschieht nicht unbedingt, weil wir zu blind oder blauäugig waren, sondern weil wir ihnen trauten. Wenn wir jedoch jemand lieben, den wir noch nie gesehen haben, und ihm glauben und vertrauen, obwohl wir ihn nicht sehen können, sind wir entweder Gaukler oder Selbstmörder. Keine Bank der Welt würde auf der Basis auch nur einen Cent herausrücken.

Glaube baut auf eine Sicherheit, die unsere Grundrechenarten völlig verlässt. In der Liebe zu Christus, kann ein Mensch etwas sehen, was nicht sichtbar ist. Da findet eine Einspeisung der Herrlichkeit statt. „eure Freude ist herrlich, ja grenzenlos“. Herrlich ist der Griff nach Herrlichkeit. Im Glauben an Christus findet der Übergriff in das darüber hinaus statt. Da sind Dinge real, die wir nirgends sehen können. Diese Liebe lebt in ihrer Enttäuschung, in einem enttäuschungssicheren Raum. Sie lebt im ständigen Gegensatz, zu dem was sie sieht. Da ist im Katastrophalen etwas herrlich.

Diese Liebe kann den Menschen mit den Augen betrachten, wie er sein könnte. Da zählt nicht das was jetzt ist und uns vielleicht schrecklich zu schaffen macht, sondern da ist der Umgang von dem geprägt, was Gott in mich und den andern hineingelegt hat, das noch werden soll. Das ist das wahnsinnige des Glaubens, dass er Dinge sieht, die es noch nicht gibt, die ihn jedoch bei allem Tun antreiben. Das ist eine Freude, die nicht das Übel ignoriert und schmerzliche Wege meidet, sondern im Kreuz den Zugang zur Herrlichkeit entdeckt. Ziel des Glaubens ist, dass das wird, was nicht ist.

Im Ja zum Leiden, liegt unsere größte Entwicklung auf Herrlichkeit zu. Es wäre Wahnsinn, Herrlichkeit mit Harmonie zu verwechseln. Wer die Krise meidet, ist nicht bereit, dass die Herrlichkeit an ihm offenbar werden soll. Wer das Leiden verdammt, trennt sich von seiner eigenen Entwicklung, zu dem, was er sein könnte. Deswegen sind wir Sehende auch dort wo wir tasten und leiden. Wir sind Liebende, weil wir in allem das sehen können, was das Leiden für ein großes Ziel hat. Wir glauben als die Wahnsinnigen, weil wir im Schmerz das Herrliche erkennen.

Daher ist die Blinde Kuh ein aufregendes Spiel.

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