Die Jungfräulichkeit bewahren

Wer dankt und staunt, wähnt sich in besten Händen.
Herr, wie sind deine Werke so groß! Deine Gedanken sind sehr tief.“

Ps. 92, 6
Große Werke bestaunen, gehört eigentlich zu jeder Urlaubsreise. Am letzten Sonntag arbeitete ich an meinen Bildern der Gaudikirche  Sagrada Familia. Es ist erhebend, sich solch einer Schaffenskraft hinzugeben. Wo wir staunend von den Klängen einer Bach-Toccata umspielt werden, passiert etwas in uns. Sich für Großes öffnen und sich voll und ganz davon in Bann ziehen lassen, übt formende und gestaltende Kraft auf uns aus. Gott zu bestaunen, seinem Schaffen nachzuspüren, seine Gedanken zu erforschen, sich seiner Genialität hinzugeben, damit verändert sich die Wahrnehmung der Schöpfung. Offen, dankbar und staunend sich vom Grundton der Schöpfung anzupfen zu lassen, stellt uns neben Adam, der nur noch von dem „Alles war sehr gut“ fasziniert war. Wer seinen Blick konzentriert auf die großen Werke Gottes wirft, lässt sich nicht von der gefallenen Welt ablenken. Er fixiert sich auf den Guten, er verliert sich in dem Erhabenen.
Die Armseligkeit des Lebens beginnt, wo wir nicht mehr staunen und danken. Wer nur das Unglück verschlingt, sich in den Turbulenzen hässlicher Tage badet, dem vergeht das Danken. Die Geschwüre in unseren Beziehungen haben keine erhebende Kraft. Sich im Kleinen, in oberflächlichen Gedanken und Geschwätzen aufzuhalten, generiert mit Sicherheit kein Staunen. Wo wir nur im Bombenhagel einer sich selbst zerfleischenden Schöpfung Spazierengehen, brauchen wir uns nicht wundern, wenn wir keine Wunder mehr sehen.
Gerade das bewusste Bestaunen des Großen, zeigt uns die Wirklichkeit Gottes, die die Wirklichkeit des Menschen durchdringt. Ein dankbares Herz schult seinen Blick auf die großen Werke. Die Dankbarkeit sieht das Große hinter dem Kleinen. Im Staunen vor dem erhabenen Gott, sprießt Glaube aus der vertrockneten Erde. Wer auf das Große schaut, entdeckt den Christus, der aus dem Staub aufhebt. Im Staunen vor Gott, ist jeder neue Tag eine Entdeckungsreise. Wir stoßen auf erwärmende Freundlichkeiten, mitten in eisiger Kälte. Wo wir dankbar und staunend vor Gott stehen, verwurzeln wir uns in seiner Größe.
Können wir dem neuen Morgen noch jungfräulich begegnen, als sähen wir die Welt zum ersten Mal?

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