Wer die Augen aufmacht, wird von der Not berührt.
„Herr, du siehst es ja, denn du schaust das Elend und den Jammer; es steht in deinen Händen.“
Ps. 10, 14
Das große Motto des Kirchentages, steht auch über dem heutigen Tag. „Du siehst mich.“ Manch große Politiker mögen diese Worte vielleicht auch auf sich münzen; „hoffentlich seht ihr mich“, doch von Gott gesehen zu werden ist eine Klasse für sich. Gottes Sehen hat eine ganz andere Qualität. Er sieht nicht auf die Großen und Starken, auf die Vorbilder und Idole der Nation, er sieht auf die, die gerne übersehen werden. Er sieht das Schwache, das Kranke, den über seinem Schicksal Verzweifelten. Der Jammer hat für ihn Signalwirkung. Das Elend mobilisiert seine ganze Leidenschaft. Seine ganze Aufmerksamkeit gilt denen, bei denen es nicht rund läuft. Wenn die Ohnmacht der vom Leben Gebeutelten von Gott gesehen ist, ist sie vom dem gesehen, der sich das Leben als etwas Vollkommenes erdachte. Wo die Lebensbrüche vom Lebenserbauer gesehen sind, entsteht unweigerlich eine Wiedergutmachung. Gott kann das, was er einmal als sehr gut geschaffen hat, nicht als Gebrochenes vor sich sehen. Jeder Autofahrer bringt seinen Wagen in die Werkstatt, wenn er Öl verliert. Wenn ein Arzt einen gebrochenen Rückenwirbel sieht, muss er zur Entlastung und Heilung, die beiden drumherum Liegenden mit Metallplatten verbinden und verstärken.
Gott kann angesichts von Elend gar nicht anders, als die Heilung einleiten. Schicksale sind Gottes ganz persönliche Herausforderung. Jammer ist eine Gottesaufgabe. Was er sieht, zwingt ihn zum Handeln. Weil er sieht, schafft er Christus. Christus ist der Augenaufschlag Gottes. Weil Gott nichts übersieht, schafft er ganzes Heil dem Unheil. Mit Christus hat er alles im Blick. Mit Christus ist er dem Elend am Nächsten. Da ist kein Funke an Schmerz, der ihm nicht durch Mark und Bein geht. Da ist kein verkrachtes Miteinander, unter dem er nicht leidet. Was Gott sieht, kann sich dem Willen der Wiedergutmachung nicht widersetzen. Der schöpferische Lebenserhaltungswille, wird sich nie mit Jammer abfinden. Mit Christus leitet er die Heilungsphase ein. Christus heilt zuerst die Loslösung vom Zentrum des Lebens. Er knüpft den Jammer an das Herz Gottes. Damit können sich die Energieentladungen Gottes im Elend entfalten. Damit entkrampft sich der Jammer, der durchaus körperliche Auswirkungen haben kann.
Wenn Gott solche Lust hat, unserem Elend zu begegnen, kann das nicht viel mehr unseren Glauben beflügeln?
Einen gesegneten Sonntag wünsche ich euch.