Vom anderen Ufer

Text: Johannes 21, 1-14

Vom anderen Ufer

Desaster Woche mit Karfreitag liegt hinter Menschen, die an eine gewaltige neue Idee glaubten.  Schwarze Wolken über der Auslöschung des Hoffnungsträgers lähmten die Gläubigen.  Schlagartig alles am Nullpunkt. Gott ist tot, jetzt ist alles aus. Alltagstrott, du hast uns wieder. Doch selbst der ist erfolglos. Alle Arbeit für die Katz´. Eine volle Nachtschicht umsonst. Einige Jünger am See, ein Pleiteunternehmen. Gleichgestellt mit denen die gearbeitet haben und dennoch am Ende die Lohntüte leer bleibt.

Urgemeinde, – gerade dabei in Schall und Rauch zu verpuffen. Das war´s dann mal Petrus, wenn da nicht im Morgengrauen, der am anderen Ufer stehen würde.

 

  • Christus verbindet

 

Im Morgengrauen stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger erkannten ihn nicht.

Das Unscheinbare, die Dämmerung sind die Plätze an denen sich der auferstandene Christus zeigt. Jesus durchdringt Gewohntes. Ungefragt und unerwartet knüpft er Kontakt zu den Seinen und mischt sich in ihr Programm ein. In die Sinnlosigkeit, kommt durch die Begegnung im Morgengrauen eine eigenartige Bewegung. Bei der Arbeit kommt es zu einer Begegnung mit einer anderen Welt. Dem Auferstandenen begegnen, ist zugleich real und doch geheimnisvoll. Die Jünger erfahren Gott in der Nüchternheit einer vergeblich durchgearbeiteten Nacht. Der Herr macht den Anfang. Es gibt keine andere Gotteserfahrung, als dass Gott kommt und sich zeigt. Die Begegnung mit dem Auferstandenen passt meistens nicht in unser Konzept und kommt dort, wo man nicht damit rechnet. Sie wird nie passen, sie wird immer unerwartet auf uns treffen.

Hier kommt der lebendige Gott, nicht der gnädiger Weise fragende Mensch. Christus legt sein erkannt werden in einfach verständliche Zeichen. Dass „er es ist“, zeigt er im gemeinsamen Essen. Tischgemeinschaft ist für Jesus Lebensgemeinschaft. Eine Einladung zum Essen ist nicht in erster Linie die Geste mit einem anderen meine und seine Hungergefühle zu stillen. Es ist das tiefe Anliegen nach Gemeinschaft. Benedikt betrachtet die Mahlzeit im Kloster als einen Liebesakt. Es ist Gottes Art in der Eucharistie gegenwärtig zu sein. Durch die Einladung zu Tisch, durchbricht Christus das verleugnet und verlassen werden, das seinen Jüngern noch von den Tagen zuvor in den Knochen steckt. Genau wo der Bruch das Miteinander mit Christus für immer hätte beenden können, knüpft er zusammen. Er stellt klar, wir stehen wieder am Anfang der Berufung, wo wir schon einmal begonnen haben. Bei der Mahlgemeinschaft hat Christus immer das ganze Gottes Reich vor Augen. Gemeinschaft mit Gott wird nicht gemacht, sondern liegt allein in der Selbstoffenbarung des auferstandenen Christus.

Glaube beginnt dort, wo wir uns bedenkenlos auf den Andersartigen einlassen; dort, wo er sich zu erkennen gibt.

 

  • Christus bricht auf

 

Wenn Christus die Gemeinschaft zu den Menschen sucht, hat er immer ein Programm. Sein Befehl „werft das Netz aus“ ist die eigentliche Bestimmung der Christus Jünger, – Menschen zu gewinnen. Ich will euch, für das, was ich mit der Welt vorhabe. Durch die Ereignisse stellt Jesus klar – fischen „auf eigene Faust“ ist vergeblich. Doch fischen „auf sein Wort“ macht den Ertrag kaum fassbar. Dieses Wort ist Dynamik, ist Aufbruch. In diesem Wort ist die explosive Gottesenergie. Es übersteigt alles Fachwissen und lebenslange Erfahrung. Dieses Wort ist die Gabe Christi, die die Kirche in die Weite aufbrechen lässt.

Wo enden denn die vielen „Gemeindeaktivprogramme“ die auf „wir sollten mal“ und nicht auf sein Wort aufgebaut sind? Christliche Gemeinde kann nicht gemanagt werden. Es geht nicht um menschliche Bedürfnisse, die irgendwie fromm gestillt werden müssen. Kirche als Dienstleister, die ihre Sache ohne ihren Herrn versucht. Das Wort des Christus, ist die Autorität der Kirche. Die Kirche hat keine Lehrmeinung zu vertreten, keine Vorbilder zu verteilen, oder klassische Lebensmuster zu propagieren. Sie hat einen durch sein Wort an ihr handelnden Christus. Ohne Auferstehung ist jede Predigt vergeblich.

In der Auferstehung liegt die ganze Willenskraft Gottes, seinen Acker nochmals komplett neu zu bebauen. Es ist die nicht zu bändigende göttliche Energie, die Menschen zum Außergewöhnlichem befähigt. Hier ereignen sich Dinge, die selbst den Beteiligten Augen und Ohren schlackern lassen. Das Wort besitzt die Macht, dass Fachleuten, die sich eine Nacht in ihrem Spezialgebiet umsonst mühten, wie durch einen Spuk, das Netz überquillt. Das Wort handelt immer gegen bestehende Denksysteme. Deshalb muss Verkündigung Ereignischarakter besitzen, weil sie den aktiven Gott enthält. „Wann immer die Kirche sich auf anderes verlassen hat, als auf den lebendigen Christus, war sie kraftlos und unglaubwürdig,“ sagt Gottfried Voigt.

Auch wenn Gemeindebau mühsam scheint, Diakonissen und Orden vom Aussterben bedroht sind, Kirchen immer leerer werden, zeigt uns dieses Wort, dass aus ein paar resignierten und frustrierten Jüngern, ein unübersehbares Gottesvolk geworden ist. Keinem noch so verbogenen Regime oder Ideologie ist es gelungen, dieses Gotteshandeln auszuradieren. Das Wirken Jesu ist konstant und lebt von permanentem Aufbruch. Es ist geprägt von dem „an Land ziehen“, aus gottfernen, Gott nahe Menschen zu machen. Er hat die Vision von einem farbenprächtigen ökumenischen zukünftigen Jerusalem, wie der Maler Sieger Köder eindrücklich in der St. Josephs Kirche in Bad Urach in sein Altarbild gebannt hat. Ökumene ist nicht eine Frage von Kirchendiplomatie, sondern ist in der Auferstehung Christi verankert.

Die Konfrontation mit dem Auferstandenen trifft auf gegensätzliche Temperamente.

 

  • Christus vereint

 

Nebenbei erhalten wir das Psychoprofil von 2 Jüngern in einem Boot. Es heißt zwar Gegensätze ziehen sich an, doch liegt in der Regel in der Andersartigkeit meines Nächsten die Problematik. Es begegnet uns der forsch zupackende Aktionsmensch Petrus und der vorsichtig zurückhaltende Erkenntnismensch Lieblingsjünger, ohne dass darüber eine Qualitätsbewertung aufgestellt wird. Da wo wir Menschen uns durch die Andersartigkeit des Anderen oft auseinanderdividieren und gegenseitig die jeweiligen Unmöglichkeiten vorhalten, nimmt Jesus die Gegensätze als Grundlage für seinen Gemeindebau. Es gibt keine Erörterung von Frömmigkeitsformen, oder eine Diskussion über Kontemplation und Aktion, sondern Christus bringt Extreme unter einen Hut. Jede einzelne Persönlichkeit ist durch den einen Christus gemeint, der die Gemeinde zusammenhält. Durch Christus wird die Kirche zum Raum größter Verschiedenartigkeit, die doch die größte Einheit darstellt. Christus uniformiert nicht, presst nicht in einen frommen Klassiker, sondern vereint den Sturm und Drang Petrus mit dem stillen zaghaften, wahrnehmungsstarken Lieblingsjünger. Gemeinde Christi ist ein Verein von Extremikern, die durch Christus verwandelt wurden. Über Christus klappt etwas, was sonst zu Mord und Todschlag führen würde und mit keiner noch so großen Toleranz zusammengehalten werden könnte. Die Eintracht der Verschiedenartigkeit der Glaubenden, wirkt der vom anderen Ufer.

„Sieh, wie fein und lieblich ist´s, wenn Brüder friedlich beieinander wohnen.“ Der auferstandene Christus vereint die Vielfalt der Kirche zu dem einen ewigen Gottes Reich. Und das geschieht mitten im Alltäglichen, in dem er sich unverhofft zu erkennen gibt. Unser täglicher Trott ist genau der Ort, an dem sich der Auferstandene vergegenwärtigt. Daher sollten wir gerade im Morgengrauen, im Frust und aller Verbitterung hellwach sein, damit wir auf sein Wort, die Netze auswerfen.

Eine Antwort

  1. Ich kann nur sagen – Ich spür den Karfreitag – Ich hab ihn immer gespürt und mein Mann auch, als er noch lebte – Und wenn dem nicht so ist – Wie kann ich dann die Freude der Auferstehung empfinden?
    Ja – Ostern ist immer oder gar nicht – und doch… über diese Tage und das, was man da fühlt nicht einfach drüber weg gehen…

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