Der Thronfolger vom Dienstmädchen

Luk.1, 26-33, 38
38 Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast. 
Wer bin ich? Derjenige, der diese Frage für sich nicht beantwortet, bleibt belanglos. Wer nicht sich selbst ist, will ein anderer sein. Einer von vielen, so wie ihn sich die Gesellschaft, die Mode oder eine Gemeinschaft denkt. Wer nicht weiß, wer er ist, dem sagen andere, wie er zu sein hat. Irgendwann muss jeder sich selbst auf den Grund gehen, dass er nicht zum Irrtum in dieser Welt wird. Gerade der Glaubende, muss sich diese Frage stellen, damit sich die gottgegebenen Gaben voll entfalten. Wer nicht das ist, was er ist, wird nie sein Potenzial ausschöpfen und in der Sehnsucht nach dem Anders sein verkümmern.  Im Ja zu sich selbst, geschehen die größten Wunder.
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1. Wer weiß, wer er ist…

„Maria sprach: Siehe, ich bin des Herrn Magd;“

Diese Frau fasziniert! Eine Schrecksituation, die sie gerade erlebt, und dann solch eine reife Antwort. Kurz und knapp erklärt sie ihr Selbstverständnis. „Ich bin des Herrn Magd.“ Sie weiß, wer sie ist. Sie weiß, wozu sie da ist. Sie hat sich darüber bereits Gedanken gemacht. Sie hat die fixen Werte in ihrem Leben so verankert, dass sie diese in einer Ausnahmesituation, voll auf den Punkt bringt. Das was hier abgeht ist ja kein entspanntes Gespräch unter Freunden; Maria wird mit der größten Herausforderung ihres Lebens konfrontiert. Mit 5 Worten schafft sie es, ihr entscheidendes Lebensprogramm zu benennen. Wer macht ihr das nach? Wer kann mit 5 Worten den Grund seiner Existenz nennen? Wie lange würden wir brauchen, um jemand zu erklären, wer wir sind? Die Werbung würde sagen: Maria ist ein Marketing-Ass.
Ihr Geheimnis ist, ihr „ich bin“ definiert sie über den „Ich-Bin-Gott“. Wo Gott sein ich bin spricht, kommen Himmel und Erde in Bewegung. Dieses „ich bin“ ist umfassende Schöpfung, ist Anfang und Ende und das Fundament der Unendlichkeit. Ich bin, ist die totale Gottesgegenwart in Zeit und Raum. Es ist Gott in seiner Vollkommenheit. Ich bin ist Gott alles in Allem. Marias ich bin, ist mit Gottes ich bin eins. Sie versteht sich als Teil des Handeln Gottes. Ihre Größe ist, dass sie Gott an sich groß sein lässt. Ich bin das, was Gott aus mir macht. Ihr Sein, ist ein in Gott sein. Ihre ehrgeizigen Ziele sind, Gottes Gebrauchsgegenstand zu sein. Ich bin Dienstmädchen des Ewigen. Selbstverwirklichung ist für sie Gottesverwirklichung. Sinn entsteht dort, wo Gott etwas für das Heil der Welt einpflanzen kann. Für Gott ist Maria die Traumfrau, die den Erlöser auf die Welt bringt, denn wer weiß, wer er ist…
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2. …an dem geschieht etwas

„Maria sprach: mir geschehe,“

Wenn etwas an uns geschieht, kommen wir uns so fremdbestimmt vor, als hätten wir überhaupt nichts mehr zu melden. Geschehen lassen wirkt so passiv, so ausgeliefert, so in die Ecke gestellt. Mir geschehe, passt eigentlich gar nicht mehr in unsere Zeit. Da zählt Pfefferspray, Elektroschocker und Selbstverteidigung. Wehe, wenn da einer zu nahe kommt, dann aber…
Bei Maria steht das mir geschehe in dem direkten Zusammenhang mit ihrem ich bin. Wo die Person in der Existenz Gottes steht, liegt in allen Handlungen, die auf sie treffen Führung. Es geschieht nicht irgendwas an uns, sondern es vollzieht sich der Ich-Bin-Gott. Mir geschehe, ist deshalb kein planloses Warten, sondern gespannte Aktivität auf dieses Handeln zu. Es ist ein bewusstes Gott an sich geschehen lassen. Ich gebe ihm ein hellwaches Freizeichen, für sein Ankommen. Mir geschehe, sind die geöffneten Hände von Kecharismai. „Du darfst kommen, du darfst mich ausfüllen, du darfst mich berühren, und du darfst mich gebrauchen.“ Darin steckt die ganze Sehnsucht, dass Gottes Gaben sprudeln und ein Leben über sich hinauswächst. An uns geschehe etwas, was menschlich nicht mehr begreifbar ist. Das ist das Öffnen für die Wunder, der Jungfrauengeburt, der Krankenheilung und Stillung des Sturmes. Was an uns geschieht ist größer, als wir je selbst bewegen können. Hier kommt der Himmel auf die Erde. Das ist die stärkste Kontemplation, die je ein Mensch erreichen  kann. In dem mir geschehe, befruchtet Gott die Erde. Es ist der heiligste Moment der Gottesbegegnung. Es ist das Auffangbecken für die Energieentladungen Gottes.
Mir geschehe steht gegen die Macher. Reich Gottes wird nicht produziert und veranstaltet. Die Kirche braucht keine gigantischen Entertainer und engagierte Eventmanager, sondern viel mehr Freiräume, in denen sich Gott ereignen kann. Lobpreis geschieht nicht in stimmungsvollen Veranstaltungen, die Glücksgefühle ausschütten, sondern im Lobpreis der Maria: Mir geschehe. Wie soll denn Christus in dieser Welt geboren werden, wenn nicht durch Menschen, die unter dem handelnden Gott aushalten?
Großes geschieht, wenn sich das ereignet…
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3. …was ein Größerer sagt

„Maria sprach: mir geschehe, wie du gesagt hast.“

Was an Maria geschieht, ist das Wort. Sie gibt dem Wort, sie gibt somit Christus Raum. Der Christus im Wort, schafft sich selbst einen Schoß in dieser Welt. Christus ist vom Anfang der Schöpfung an Gottes Seite, aber durch das Wort, das Maria an sich geschehen lässt, entsteht die Menschwerdung Gottes. Erlösung kommt in die Welt, wo das bereite Herz vom Wort befruchtet wird. Durch diese Haltung hat Maria ihren besonderen Status in der Kirche erhalten. Nirgends wird deutlicher, wie durch einen bereiten Mutterschoß Christus in die Welt kommt. Bis heute wird in der Verschmelzung von Wort und erwartenden Menschen Christus geboren.  Wo nur eines von beiden fehlt, kann es in dieser Welt weder Advent noch Weihnachten werden. Ein bereites Herz ohne das Wort geht leer aus und das Wort, das keinen vorbereiteten Raum findet, bleibt unfruchtbar. Wenn wir der Frage nachgehen: warum ist in der Kirche und den christlichen Gemeinschaften so wenig von dem Stallgeruch des neugeborgenen Jesus zu riechen und zu erleben, dann werden wir hier fündig.
Die Krippe ist deshalb leer, weil sie oft mit persönlichen Interessen und Lasten gefüllt ist. Oft kommt es zu Fehlgeburten, weil das Wort am Unglauben für eine Neugeburt abprallt. Man hält es gar nicht mehr für möglich, dass es unter diesen schrecklichen Umständen, in denen wir gerade leben, noch zu einer Befruchtung kommen kann. Man lebt zwar in anderen Umständen, jedoch in solchen, die den letzten Funken Hoffnung rauben und statt einem anbrechenden Königreich den Weltuntergang sehen.
Um Persönlichkeiten des Glaubens zu sein, müssen wir wie Maria klar wissen wer wir sind. Dienstmädchen des Höchsten zu sein, ist ihre einzigartige Erfüllung. An sich geschehen lassen, macht sie zur größten Frau der Kirche. Wo das Wort uns befruchtet, kommt ein König zur Welt.
Wie viel Advent wird durch unser Leben geboren?

Eine Antwort

  1. Ich find das schwierig auszudrücken mit den uns zur Verfügung stehenden Worten… ich weiß, was du meinst, aber… muss ich dann überhaupt noch wissen, wer ich bin?
    Denn da löst sich die Individualität doch auf.
    Ich muss nicht Ich sein, in Abgrenzung zum Du, in Abgrenzung zu anderen, in Abgrenzung zu irgendwas…
    Ich bin ein Kind Gottes
    Ich bin Teil des Universums
    Da wird das wer eher zum was… aber, wie gesagt, das sind diese Dimensionen, da passt unsere Sprache nicht so gut…
    Und doch ist mir das wichtig – der feine Unterschied –
    Will ich Kind Gottes sein, weil ich das toll finde oder lass ich einfach Seinen Willen geschehen?

    Ich konstatiere jetzt mal freiwillig Erbsen-Zählerei für meinen Teil – denk mir aber insgeheim, du weißt doch, was ich mein 😉

    Alles Liebe <3

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