Weil Glaube unglaublich ist

 Römer 10, 17 -Predigt: Br. Markus –

 

„Der Glaube kommt allein aus dem Hören der Botschaft, die Botschaft aber gibt uns Christus.“

Können wir`s glauben – zum Beispiel, dass morgen früh wieder die Sonne aufgeht? Normalerweise schon, war bis jetzt immer so – denke also schon, dass es nochmal klappt, übermorgen auch. Bei der Frage, ob die Rose auch aufblüht, wird’s schon schwieriger mit dem Glauben. Das, was die Meteorologen ausrechnen, der orientalische Teppichhändler verspricht oder der Versicherungsmakler versichert, ist nicht immer das, was man geglaubt hat.

So ist es schwierig geworden in unseren Tagen mit dem, was man glaubt, glauben soll oder auch nicht. Im Römerbrief geht es um christlichen Glauben, um den Glauben, der mehr ist als ein Für-Wahr-Halten von Gott oder auch nicht. Es geht um unseren Glauben, den wir leben und der unglaublich ist, so unglaublich, weil er eben Glaube ist, dass man ihn nur glaubend leben kann.
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1. Die Botschaft, die uns wach macht

Luther übersetzt: „So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi.

Es geht um die Quelle. Was Glaube ist und was nicht, entscheidet sich an seiner Herkunft. Aus einer Ölquelle ist meines Wissens noch nie ein Mineralwasser geflossen. Und so ist alles, was nicht aus Christus fließt, kein christlicher Glaube. Glaube ist eben nicht der Gedanke, den ich mir mache oder auch nicht. Glaube ist keine Atemübung. Glaube ist keine Selbstfindung. Glaube ist kein Gefühl, das mich überkommt. Glaube ist zuallererst Gottesimpuls, SEINE Idee für mich, nicht meine Ahnung von ihm. Unser Glaube hat einen ganz klaren Bezugspunkt, nicht aus mir selbst heraus, sondern von außen kommt er.

Der Atheist hat recht, wenn er sagt: „Ich kann gar nicht glauben.“ – Richtig, mir fehlt dazu die Ahnung, mir fehlt die Fantasie, der Witz und die Besonnenheit, um an Gott glauben zu können. Ohne Gott, ohne Botschaft, bin ich ahnungslos. In der ehemaligen DDR gab es ein „Tal der Ahnungslosen“ weil dort kein Westfernsehen war. So ist der Mensch ohne Botschaft, ohne Ahnung von Gott. Ohne Evangelium steht die Menschheit im Wals, ohne Empfang. Der Theologe Voigt sagt: „Es ist aussichtslos, Gott irgendwo zu suchen. Er kann nur dort gefunden werden, wo er sich uns gibt.“

Glaube ist Gottes Geschenk, Gottes Hingabe an mich. Alles andere taugt nicht. Die Quelle meines Glaubens kann nur Gott alleine sein. Ich kann ihn nicht glauben, er muss mich mit Glauben beschenken. Keine noch so intensive Meditationsübung ist in der Lage, Quelle des Glaubens zu sein. Genau da unterscheidet sich Glaube von religiösen Gefühlen oder Projektionen. Er kommt von Gott, nicht von mir. Religiöse Überzeugungen kann ich generieren, Glauben muss ich mir schenken lassen. Die Botschaft ist frei von meinem Denken, sie ist nicht an meinen Zugriff gebunden. Sie unterliegt nicht einmal meinen berechtigten Wünschen nach Sinn und Zweck im Leben. Die Botschaft von Gott ist frei, aber nicht beliebig. Sie ist konkret – für jeden einsehbar aufgeschrieben. Das macht sie wetterfest im großen Sturm der Meinungen und Überlegungen. Es geht um den Wert des Wortes und um den tiefen Zusammenhang von Wort und Tat.

Es ist die Botschaft, nicht meine eigene Initiative, die
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2. Von geheimnisvoller Kraft

ist.

Echter Glaube ist das, was von Gott ausgeht, was in Christus ist. Das kann auch total sperrig, störend, unangenehm und unbequem sein. Gottes Wort an mich ist eben unabhängig – so unabhängig, wie die Worte irgendeines anderen Menschen, den ich auf der Straße treffe. Gott spricht mich zuerst in seiner Liebe an. Es können aber auch unangenehme Wahrheiten über mich selbst dabei sein. Es ist nicht die Aufgabe des Wortes Gottes, meinen Alltag zu verschönern. Die Botschaft will viel mehr. Sie will Sinn geben, zielorientiert oder tröstend sein – aber eben nicht ins eigene Belieben gestellt. Das wirkt sich aus – nicht nur für die Gestaltung des Gottesdienstes, sondern überhaupt. Glaube ist eben kein Psychoprogramm, bei dem der liebe Gott oder der ausführende Pastor von den Hockern reißen müsste. Der Sonntag will nicht großes Kino für uns alle sein, sondern Besinnungspunkt. Die Botschaft will nicht unterhalten, sondern formen. Gottes Wort eignet sich als Spaßmaschine nicht – was nicht heißen will, dass Lachen verboten wäre.

Gott will berühren durch sein Wort. Zuerst im Gottesdienst in Sammlung und Sendung – und nicht nur dort. Gott will durch das Wort nicht nur gehört, sondern verwirklicht sein. Die Botschaft soll anstoßen, aufzeigen, nicht unterhalten. Sicher sind manche Gottesdienste zu trocken, zu theoretisch, zu traurig geworden. Es gibt aber auch solche, die zu spaßig, anspruchslos und inhaltsleer geworden sind. Es steht nirgends in der Bibel, dass Glaube immer Spaß machen muss. Es gibt viel mehr Berichte von Zerreißproben, von Ringen um Erkenntnis und Klarheit. Die Botschaft soll gestalten, nicht aus der Wirklichkeit entführen.

Zuerst im Gottesdienst soll das passieren. Das Wort will seine Kraft entfalten. Geheimnisvolle, aber lebensgestaltende Kraft Gottes – das funktioniert nicht ohne heilige Ernsthaftigkeit. Wenn der Glaube aus dem Wort kommt, ist ja die Frage, was passiert, wenn gar keine Bibeltexte mehr gepredigt werden, sondern nur noch publikumswirksame Themen. Gott will in uns aktiv sein, will mit uns und durch uns die Welt zu einer besseren Welt formen durch sein Wort, das schafft, was es sagt, uns orientiert und motorisiert, nicht dabei stecken bleibt, gehört und bestaunt zu werden, sondern gelebt. Wo der Glaube sich vom Wort erschüttern lässt, wird der Glaube unglaublich. Die Botschaft ist die gleiche, zweitausend Jahre schon. Die Herausforderung, die Botschaft zu leben, ist immer neu. Es braucht keine Eigeninitiative, die Botschaft zu gestalten. Es braucht Eigeninitiative, die Botschaft zu hören.

Sie wird
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3. Durch Hören stark

Will man den Regen rauschen hören, muss man eher leise sein, still, aufmerksam, um zu hören, wie Tropfen um Tropfen oder hunderttausende Wasserperlen vom Himmel strömen. Es braucht so eine stille Offenheit, um zu verstehen, was Gott sagen will. Das Wort oder die Predigt, das Lied oder die Botschaft will aber eines nicht: nur gehört werden. Das Wort, das Glauben schafft, hat unglaubliche Kraft, will unglaublich wirksam sein. Schon der Prophet Jesaja beklagt, dass das nicht richtig funktioniert.

Man muss zugeben, dass es schwer fällt, der eigenen Lebenserfahrung weniger zu trauen als der Stimme des Gotteswortes. Zu sehr sind wir auf Misstrauen geeicht, zu sehr geeicht vom wirklichen Leben, als dass man´s nochmal wagt. Vertrauen ist gefragt, selbst da, wo ich nicht weiß, ob ich mir selbst noch trauen kann. Christus ruft zum Wagnis des Vertrauens – und da ist nicht gesagt, dass das immer gut tut. Es ist ohne Erfolgs- oder Wohlfühlgarantie. Durch Gottes Wort zeigt Christus andere Wege auf, Wege jenseits unserer Vorstellungskraft, Wege, die schöner, aber auch weniger schön sein können. Wer es wagt, aus der Christusperspektive zu leben, dem wird damit nicht gesagt, dass Glaube schmerzfrei macht. Das ist das Unglaubliche daran, dass man Glauben nur riskieren kann. Christlicher Glaube ist kein Bonusprogramm, das uns unempfindlich macht gegen die Tiefschläge des Schicksals aller Art.

Gott spricht uns in Christus an. Hören wir hinein in diese leise Stimme in der Eucharistie, lassen wir uns ansprechen von Gottes Programm. Er glaubt an uns  – weil Gottes Glaube unglaublich ist. Amen.

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