Hoffnung verwandelt

-Br. Markus – 1. Petrus 1, 3

„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“

Für den Gärtner ist das eine ganz alltägliche Frage. Jeder, der schon mal Radieschen gesät hat, stellt sie: „Ob das eine Zukunft hat – ob’s wachsen und werden wird?“ Sicher, letztes Jahr hat’s ja auch geklappt.  Es ist aber nicht immer sicher, ob Schnecke oder Wühlmaus, Gurke und Salat zu dem werden lassen, was sie sein sollen: zur Ernte, zum Ertrag.  Im richtigen Leben weiß man nicht immer, Ob’s gelingt oder gedeiht, ob er sich verwirklicht, der Plan. Natürlich kann man auch planlos leben, aber auch da ist es nie sicher, ob’s klappt, ob die Planlosigkeit wie geplant glücklich macht. Das alles ist nicht gesagt. Voller Überraschungen steckt unser Dasein, läuft oft anders ab, anders als ich mir denken kann. Da braucht es dann eine andere Kraft, aus der heraus man leben und gestalten kann.

Gott gibt der Welt eine Idee zu leben, die viel mehr ist, als man fassen kann. Sie heißt Hoffnung und hat verwandelnde Kraft. Sie ist

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1. Geschenk der besonderen Art

Es geht um Hoffnung, Gottes Art zu denken, Weltanschauung der besonderen Art. Der Mensch unterscheidet sich vom Affen durch eine besondere Eigenschaft: Er kann in weiteren Zeiträumen denken. Er kann sich erinnern, was gestern war und ahnen, was morgen sein wird. Wir sind so gemacht, dass wir Zukunft denken können. Unsere Katze in der Gärtnerei frisst das, was täglich serviert wird. Der Mensch ist zukunftsfähig gemacht, fähig, über die Gegenwart hinaus zu sehen und zu leben. Diese besondere Eigenschaft ist schaurig und schön zugleich, Geschenk wie Gefahr. Wir können schon ahnen, was morgen sein wird, wissen es jetzt aber noch nicht. Vielleicht schenkt mir einer einen Eisbecher – oder nimmt mir die Vorfahrt. Es scheint in den Sternen zu stehen, was ist und was nicht. Je nach dem, wie einer tickt, wird er zum Optimisten oder Pessimisten in seiner Erwartung für den Tag. Sie ist so alt wie die Welt, die große Diskussion, ob es halb voll oder halb leer ist, jenes berühmte Glas. Wir sind fähig, nach vorne zu schauen,  können aber nicht sehen, was ist oder sein wird. Soviel muss man sich eingestehen.

Die Erinnerung ist da ein bisschen anders. Was gestern war, wissen wir heute noch und können es heute sogar manchmal besser verstehen. Das einzige Paradies, aus dem uns keiner vertreiben kann, sei unsere Erinnerung, sagen sie. Ach, wie schön! Gott sieht den Menschen mit einer Gestaltungsaufgabe, Zeitabläufe zu überschauen und zu verstehen, daraus Gegenwart zu gestalten. Hoffnung dabei als Motor, als treibende Kraft – nicht Resignation. Gott schenkt der Welt Hoffnung, um in ihr zu gestalten und zu bestehen. Aus Hoffnung formen, aus Hoffnung verwalten ist dabei göttliche Gestaltungsaufgabe. Ohne Hoffnung könnte ein Gärtner kein einziges Radieschen aussäen. Er würde es sein lassen, weil es ja doch nix wird oder kein Geld bringt, nicht richtig wachsen kann in unserem Sauren-Regen-Zeitalter, bei Botritisbefall oder Hagelschlag. Hoffnung, aus der man leben kann, ist aber weit mehr, als nur banale Ertragsplanung Hoffnung findet nicht auf gedanklicher Ebene statt. Hoffnung ist das Geschenk der besonderen Art.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass Menschen, die glauben und Hoffnung haben, schneller gesund werden. Sie genesen schneller nach einem Herzanfall, ihre Knochenbrüche und Verbrennungen heilen schneller.“ sagt die Diplompsychologin Dr. Doris Wolf.

So scheint es gesichert, dass jeder gesund werden kann, der das von sich glaubt. Was die Psychologin nicht sagt, ist, was man tun soll, wenn es nicht so klappt mit dem Sich-selber-gesund-glauben und –hoffen. Hoffnung im christlichen Sinn ist anders, als alle sonstigen Hoffnungen, die der oder die sich so machen. Hoffnung, die bleibt, Hoffnung, die trägt, Hoffnung, die stark ist, kann nicht aus mir selber kommen. Sie ist Gottes Geschenk. Ich kann sie nicht generieren. Ich kann aus mir selber positiv denken. Ich kann aus mir selber was Schönes träumen. Ich kann aus mir selber eine schönere Welt projizieren. Hoffen im christlichen Sinn kann ich aber nicht, weil ich einen brauche, der mir Hoffnung schenkt. Echte Hoffnung ist nicht zu verwechseln mit verschiedensten Arten persönlicher Zukunftserwartungen oder –vermutungen, selbst dort nicht, wo sich das vermischt. Gerade da, wo christliche Hoffnung zum religiösen Psychotrick wird, wird’s unangenehm extrem. Gott will nicht, dass echte Hoffnung durch teure  Motivationsgurus entwertet wird. Es wird eben nicht alles gut, wenn man sich nur gute Gedanken macht. Das kann ein Teil sein, reicht aber nie aus. Es wär ja eine Verhöhnung aller Menschen, die verunglückt, verhungert oder gescheitert sind. Wenn es nur positives Denken gebraucht hätte, wäre wohl mancher aus dem Krieg zurückgekommen, der nicht wiedergekommen ist. Hoffnung, die Gott schenkt, reicht weiter. Sie ist realer Ausblick in den Sackgassen des Lebens. Sie findet auf dem Boden der Tatsachen genau in Echtzeit statt.
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2. Trotz allem, was weniger Freude macht

„Gott hat uns in seiner Barmherzigkeit wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung.“

Hoffnung, die Gott schenkt, ist anders. Sie findet statt, ereignet sich immer, vor allem trotzdem, eben auch dann, wenn sich die Zukunft anders entwickelt, als ich es wünsche, gerade dann. Genau darin ist Gott anders, dass er nicht in den engen Grenzen meiner Vorstellungswelt endet. Wenn Gott mir anders hilft, als ich mir wünsche, heißt das nicht, dass er mir nicht hilft. Ernsthafte Auseinandersetzung mit Schicksalsschlägen kann sonst gar nicht stattfinden. Echte Hoffnung fängt da an, wo ich aufgehört habe, mir noch irgendwelche Hoffnungen zu machen, dann, gerade dann wird sie richtig stark, wenn meine Ideen verbraucht sind wie es gehen könnte oder soll. Wenn ich gescheitert bin an mir und an den anderen, dann fängt es erst an, dass Hoffnung mich verwandeln kann. Solange ich noch optimistisch bin, gelingt das nicht. Gottes Hoffnung ist kein religiöses Optimismusprogramm. Sie findet statt, trotzdem statt, was nicht zu ihr passt – trotz dem, dass es eben nicht geklappt hat beim ersten, zweiten, dritten oder hundertfünfundzwanzigsten Versuch. Gott verwandelt die Welt in der Hoffnung, die er gibt, damit unsere Sichtweise, besonders auf alles, was weniger Freude macht. Das ist wirklich viel, manchmal zu viel – wenn man ein Beet voll Salat gepflanzt hat, das am nächsten Morgen erfroren ist. Wenn man’s dem anderen schon tausendmal gesagt hat, und’s trotzdem nicht klappt. Wenn sich’s einfach nicht ändern will, obwohl man so fest daran geglaubt hat.

Viele Beziehungen und Freundschaften sind schon gescheitert, weil man geglaubt hat, der andere würde sich dann schon noch irgendwann ändern. Gerade dann, wenn’s eben nicht so gut geworden ist, wie man geglaubt hat, startet Gottes Hoffnungsprogramm, trotz unserer, trotz meiner, trotz aller ganz persönlichen tiefen Enttäuschungen. Wenn ich glaube, dass nichts mehr zu retten ist, dann startet echte Hoffnung. Was vorher war, war hoffnungsähnlicher Optimismus. Im Trotzdem gegen meine Enttäuschung liegt Gottes Wirksamkeit. Wenn der Verstand sagt: „Lass es sein“, wenn das Herz gerne würde, aber nicht kann, wenn ich am Boden liege, nicht mehr richtig will, dann setzt andere, die echte Hoffnung ein, die nur der geben kann, der stärker ist als alle Zweifel. In
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3. Vollendeter Auferstehungskraft

Christus ist auferstanden. Hinter ihm liegt eine Strecke starken Glaubens wie starker Angst. Er ist nicht ein erhabener Guru, der durch felsenfeste Gewissheit und unerschrockenes Auftreten mitreißt. Auf Golgatha ist Angst, Angst, die sich durch Hoffnung, die Gott schenkt, verwandelt hat. In der Dunkelheit der Welt ereignet sich Gottes Wort, nicht ohne sie. Auch jetzt noch ist da Angst, Angst für jeden, der sich auf den Weg macht. In der Welt der Angst ist aber auch das Hoffnungslicht, das uns verwandeln kann. Es ist nicht Gottes Plan, dass die Christenheit durch ihre Hoffnung mitreißt, sondern dass wir uns in unserer Angst durch Hoffnung erfüllen lassen. Die Auferstehungskraft ist stark und siegend. Sie ist es, die Hoffnung schafft, nicht unser Glaube.
In der Auferstehung begegnen sich Gottes Treue und unser Glaube“ sagt der Theologe Stählin.

Hoffnung verwandelt die Welt. Das gibt uns eine neue Perspektive. Wir leben nicht mehr nur von Augenblick zu Augenblick, sondern weiter, hinein in Gottes Plan. Wir sind wiedergeboren zu dieser Hoffnung, die so groß ist, dass man sie gar nicht denken kann. Aus dieser Hoffnung gestaltet sich der Augenblick, der so wertvoll ist, wie die große Zukunft, die auf uns wartet. Es ist kein Wunschtraum oder Illusion, sondern Gottes Geschenk. Sein Ostergeschenk heißt „Leben“. Dieses Geschenk ist realtitätstauglich. Es will eine positive Erwartungshaltung in uns wachmachen und wach halten, die Haltung der Offenheit für das, was kommt. „Hoffnung ist eine umfassende und handlungsleitende Ausrichtung des Menschen auf die Zukunft.“ sagt das ganz normale Lexikon.

Wir sind dazu geboren, in dieser Hoffnung verwandelt zu werden.

 

 

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