Unser Mann

1. Kor. 15, 1-11 
 
Offenes Grab, Leichenraub, der Friedhof von seiner dunkelsten Seite. Ein Grab, und der Frischbeerdigte ist weg. Wo Blumen waren, ein großes schwarzes Loch. Schrecklich! Unser Geliebter, einfach fort. War der Abschied schon brutal und jetzt das noch…
Ich werde wahnsinnig! Was hat sich Gott dabei gedacht? Na denn, frohe Ostern!
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1. Christus im Wort

3  Zuerst habe ich euch weitergegeben, was ich selbst empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben. Das ist das Wichtigste, und so steht es schon in der Heiligen Schrift. 4  Er wurde begraben und am dritten Tag vom Tod auferweckt, wie es in der Heiligen Schrift vorausgesagt ist.“
Ostern kann man nicht begreifen. Christus kann man nicht verstehen. Das Geheimnis um Christus lässt sich nur empfangen. Die Heilige Schrift erzählt nicht von Christus, sie bringt ihn. Das Wort ist der Christus Träger. Jesus ist das Wort, das sich ereignet. Wir empfangen Gottes Handlungen im Wort. „Christus ist für unsere Sünde gestorben“ ist keine historische Aussage, sondern der Gott, der sich jetzt gerade aktiv über einen Menschen erbarmt. Der Christus im Wort bringt die verkrachte Situation des Menschen in Ordnung. Dieses Wort verbindet das menschliche Aufbäumen mit Gnade. Im Wort setzt sich unablässig das Heils Christi frei. Dieses Wort wurde beerdigt und auferweckt. Es hat die tiefsten Abgründe der Menschlichkeit erfasst, sich dann aber von aller Vergänglichkeit getrennt.
Auferstehung ist kein biologisches Geschehen. Es hat nichts mit der Reanimierung eines Toten zu tun. Hier ist niemand rückwärts gestorben und dadurch wieder lebendig geworden. Das Wort, der Christus hat eine unvergängliche Form angenommen. Das ist von der Eigenschaft eine neue Materie, die gar nichts mehr mit irdischen Abläufen zu tun hat. Durch die Auferstehung wirkt die unmittelbare Welt Gottes. Christus ist jetzt einer von der anderen Seite. Das Wort hat einen ewigen Wirkstoff. Diese Verwandlung geschieht in Auferstehung. Christus hat nichts mehr mit der sterblichen Welt zu schaffen, sondern begründet den Anfang der neuen Menschheit. Er ist „unser Mann“; er hat unsere Hölle auf sich genommen und gibt sie uns als neue Leiblichkeit zurück, als etwas von der anderen Welt Gottes. Christus schenkt in unsere irdische Daseinsform etwas von dem zukünftigen Reich Gottes. Das Wort vergegenwärtigt Ewiges in Vergänglichem.

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2. Christus in den Zeugen

5  Er hat sich zuerst Petrus gezeigt und später allen zwölf Jüngern. 6  Dann haben ihn mehr als fünfhundert Brüder zur gleichen Zeit gesehen, von denen die meisten noch heute leben; einige sind inzwischen gestorben. 7  Später ist er Jakobus und schließlich allen Aposteln erschienen. 8  Zuletzt hat er sich auch mir gezeigt, der ich es am wenigsten verdient hatte. 9  Ich bin der unbedeutendste unter den Aposteln und eigentlich nicht wert, Apostel genannt zu werden; denn ich habe die Gemeinde Gottes verfolgt. 10  Alles, was ich bin, bin ich allein durch Gottes vergebende Gnade.“ 
Christus zeigt sich in Menschen. Auch da ist er genauso wenig ein Stück Geschichte, wie in dem Wort von damals. Die Aufzählungen, an wem er wann und wie handelte sind keine Referenzliste, mit der Jesus haussieren geht. Er braucht keine geistliche Hitliste von Trophäen im Reich Gottes. Von solch einem Zeugnis kann kein Mensch leben, wenn er weiß, welchen Rang Mose oder Billy Graham in Gottes Geschichte hat. Glaube entzündet sich nicht am Glauben anderer. Ein Glaube, der aus der Erfahrung eines anderen leben will kann nicht lebendig sein. Stellvertretend glauben gibt´s nicht. Wir sollten nie vom Glauben anderer abhängig sein, sondern immer wie sich Christus durch sie selbst bezeugt. Und Christus bezeugt sich an Menschen. Was uns an anderen überzeugt ist nicht ihre Gläubigkeit, sondern der Christus, der durch sie zu uns kommt. Im Zeugnis des Anderen findet eine Selbstoffenbarung des Christus statt.
Auch das apostolische Zeugnis bindet uns an Christus. Wo das Evangelium verkündet wird, entsteht jetzt und heute ein lebendiges Gespräch mit Gott. Dieses Gespräch ist immer rückbezogen auf das, was Gott in Christus für alle Zeit an mir getan hat. Der heute mit uns redende Gott ist kein anderer, als der, der sich in Christus zu erkennen gibt. Der gestorbene Christus zeigt sich als der Lebendige in der Liste der Augenzeugen, zu denen wir jetzt dazu gehören. Wem Christus erscheint, der wird dem anderen zum Christus. Wir haben es auch bei den Zeugen immer mit einem gegenwärtigen Christus zu tun.
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3. Christus in mir

1  Liebe Brüder und Schwestern! Ich möchte euch an die rettende Botschaft erinnern, die ich euch verkündet habe. Ihr habt sie angenommen und darauf euer Leben gegründet. 2  Ganz gewiss werdet ihr durch diese Botschaft gerettet werden, vorausgesetzt, ihr bewahrt sie genau so, wie ich sie euch überliefert habe. Sonst glaubt ihr vergeblich und erreicht das Ziel nicht.“
Ostern gibt es nur in dem sich so offenbarenden und rettenden Christus. Ohne den sich im Wort und Zeugnis ereignenden Christus in der Glaube ein luftleeres Ei. Ostern ist ein Christusereignis. Dieses Ereignis findet in jedem Gottesdienst statt. Somit ist jeder Sonntag ein Auferstehungsfest. Wir leben nicht aus den Jesuserinnerungen, sondern erfahren in Wort und Sakrament eine Jesusbegegnung, eine Begegnung mit dem Auferstandenen. Nur dieses Ostergeheimnis trägt den Glauben. 
Das ist das Ende allen frommen Machwerks, hier wirkt kein Mensch mehr, sondern allein die unvergängliche Welt Gottes. Nur die Christuswirkungen geben überhaupt unserer irdischen Welt etwas Tragfähiges. Dazu dient Kirche, Ostergeheimnisse in Menschen zu pflanzen. Da ist unser persönliches Erlebnis und gleichzeitig unser Auftrag. Hier entzündet sich das Osterfeuer, das sich in die Welt hinaus ausbreitet. Es gibt keinen Grund, ein Schattendasein zu führen, es gibt keine Ausrede, dass irdisches Leben mühsam und schwer ist; seit Ostern wirkt Christus. Die unerlöste Welt hochzuhalten, hieße, die Auferstehung hätte doch etwas mit Scheintod zu tun. Doch wenn Ostern ein Christus-Ereignis ist, stellt das alle unsere Erfahrungswerte auf den Kopf. Da geschehen Handlungen, die nicht von dieser Welt sind.
Wir sind eine österliche Kirche, wir sind österliche Menschen, deshalb ist Christus unser Mann.
Amen.

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