Ein heilsames Aufbäumen

Gehorsam ist Horror. Das sagen unsere Gedanken und die Erfahrungen aus den dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte. Menschliche Willkür, Ausbeutung, Zweckentfremdung haben Gehorsam an den Pranger gestellt. Da ist der bittere Geschmack aus der Kindheit; das Gute hatten immer nur die Anderen. Gehorsam hat etwas von Fremdbestimmung, das wie ein rotes Tuch auf uns wirkt. Jemand über mir, passt nicht in unser Freiheitsprinzip. Unter etwas stehen, heißt ja, Persönlichkeitseinschränkung. Das moderne Leben propagiert Partnerschaftlichkeit. Gehorsam muss weg, weil entwürdigend.
Paulus sagt: Dieser belastete Begriff bleibt, weil darin das Heil der Welt liegt!

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1. Gehorsam muss man lernen

„… auch Jesus, der Sohn Gottes, muss durch sein Leiden Gehorsam lernen.“
Der Gottes Sohn muss Gehorsam lernen, ein sehr gewöhnungsbedürftiges Bild. Schon hier trennt sich ganz schnell unsere militärische Vorstellung dieses Begriffes, von dem, was tatsächlich darin liegt. Gott hat einen großen Plan mit seinem Sohn. Jesus kam als normaler Mensch auf die Welt, obwohl er ein Teil von Gott war. Wir kennen seine Biografie, das was von seiner Jugendzeit bekannt ist und dass er zunahm an Alter, Weisheit und Gnade. Ein ganz normaler Prozess des menschlichen Lernens und Wachsens. Alles war durch sein Grundvertrauen zu seinem Vater getragen. Er hat quasi eine mustergültige Erziehung genossen.
Doch der Gehorsam ist auch für ihn keine naturhafte Selbstverständlichkeit. Gott gehorchen funktioniert nicht automatisch. Die Abkehr von sich selbst, muss sogar der Gottessohn lernen. Er musste ein schweres Ja zum Willen seines Vaters finden, um darin Gott als Gott zu ehren. Seine Größe ist sein Verzicht auf sein Leben und auf sich selbst. Er weiß genau, was ihn erwartet und begegnet seinem Leiden, in einer aktiven Leistung. Er will leiden lernen. Gehorsam lernen, kommt aus dem was wir wollen. Ganz bewusst stellt er sich einer schwierigen Aufgabe, die Gott jetzt von ihm erwartet.
Da ist nichts von einem passiv erduldeten Schicksal, nichts von einer widerwillig geschluckten Katastrophe, auch nichts von einer schimpfend oder apathisch ertragenen Unvermeidlichkeit. Hier liegt der gravierende Unterschied zum falsch verstandenen Gehorsam. Der Gehorsame ist nicht willenloses Objekt. Jesus ringt um das eins werden mit dem Willen des Vaters. Er ringt um sein freies und ganzes Ja, zu etwas, von dem er lieber verschont geblieben wäre. Hier ist Christus ganz Mensch. Gehorsam lernen ist nicht leicht. Richtigen Gehorsam lernt man nur im Leiden. Man lernt ihn genau dort, wo sich in uns alles aufbäumt, wogegen sich alles in uns sträubt, wo wir nur noch ausweichen und davonlaufen wollen. Die größten Stunden des Lebens sind immer die, an denen wir nicht ausgebrochen sind, was eigentlich das Nächstliegende war. Es gibt immer genügend Gründe sich schmerzfrei aus der Affäre zu ziehen.
Voigt: „Der Jesus, der hier durchhalten will, muss in der Anfechtung lernen, seinen Willen mit dem harten, manches Mal uneinsichtigen Willen Gottes zu vereinen. Die Passion ist Werk des hart erkämpften und durchgehaltenen Gehorsams.“

 

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2. Gehorsam verwandelt was höllisch ist

„Als Jesus unter uns Menschen lebte, schrie er unter Tränen zu Gott, der ihn allein vom Tod retten konnte. Und Gott erhörte sein Gebet, weil Jesus den Vater ehrte und ihm gehorsam war.“ 
 Was auf Jesus zukam, war alles andere als ein Spaziergang oder selbsterwählter Leidensweg. Er hatte die schrecklichsten Grausamkeiten durchzustehen, die Menschen sich ausdenken können. Das Kreuz ist die brutalste Form der Hinrichtung, die er mit vielen anderen erlitten hat. Unwillkürlich stehen uns da die Bilder von der Hölle in Auschwitz und andern top organisierten Vernichtungslagern vor Augen. Alles voller Schreie, voller Entsetzen, voller Verzweiflung.
„Christus schreit unter Tränen.“ Der Gottessohn weint und schreit aus Angst. Menschliche Bosheit und Sünde zu tragen tut weh. Keiner kann sagen, dass Gott nicht weiß, was Leiden ist. Keiner war dem Leiden näher als Gott selbst. Niemand braucht sich da in seinem Leiden allein gelassen fühlen. Jesus musste das Gehorchen lernen, dass er diese Hölle ertragen konnte. Jesus musste lernen, um das Verlassen sein von Gott aushalten. Er musste erleiden, wie Gott selbst seine helfende Hand abzieht und seinen Sohn, unter den Einwirkungen des Bösen zugrunde gehen lässt.
Voigt: „Die Anfechtung zeichnet sich nicht dadurch aus, dass Gotteswerk und Satanswerk sauber auseinanderzuhalten sind. Gottes Werk vollzieht sich auch dort, indem der Satan über Jesus Gewalt bekommt.“
Diese Hölle musste Jesus ertragen. Indem er Gott so ernst nahm und den Gehorsam wirklich lernte, wurde sein Gebet erhört. Wer so betet: „Nicht wie ich will, sondern wie du willst,“ nur der kann erhört werden. Hierin liegt ein ganz großes Geheimnis. Wo einer seinen Willen so weit mit Gottes Willen vereint, wird im das Unerwünschte und Gefürchtete lieb. Wenn einer um seiner Brüder willen in die Hölle zu gehen bereit ist, dann ist die Hölle keine Hölle mehr.

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3. Gehorsam ist lebensentscheidend

„Nachdem er zu Gottes Thron zurückgekehrt ist, ist er für alle, die ihm gehorsam sind, zum Retter und Erlöser geworden.“ 
Auch wenn Christus durch seinen Gehorsam die ganze Welt erlöst hat, ist somit noch nicht alles erledigt. Rettung und Erlösung sind voll da, haben aber den Bezug – Christus Gehorsam. Heil ist solange unser Verhältnis zu Gott gestört ist undenkbar. Man kann sich nicht Zuhause an den Tisch setzen und sagen: Vater, ich will mein Erbe, ich will dein Geld, dein Haus, zum Essen komme ich auch, aber mit dir habe ich nichts am Hut. Ich brauche keinen Frieden mit dir. Heil ohne Gott? – unmöglich!
Es wäre ein totales Missverständnis zu glauben, Gott liebt die Sünder und übersieht darum ihre Sünde. Ein Gott, der Sündern zuliebe auf seine Heiligkeit verzichtet hätte; so ein Gott würde zur Sünde nur noch sagen: „Macht nichts – kleine Fische – darüber sehen wir hinweg.“ Er würde auf seine göttlichen Ansprüche verzichten und hätte als Gott abgedankt. Das Böse tobt sich inzwischen weiter in der Welt aus und Gott sieht durch alle Finger und macht gute Miene zum bösen Spiel. Das ist kein Evangelium!
Den Sünder annehmen geht nicht ohne die Sünde zu richten. Alles entscheidet sich am Gehorsam zu Christus. Im Gehorsam erschließen sich die Geheimnisse des Lebens. Verweigerter Gehorsam, blockiert das, was Gott gesund machen will. Wir verhindern unsere Entwicklung, und unseren Weg in die christliche Freiheit. Erst Christus Gehorsam lässt die Gnade in uns wirksam werden. Dieses Umgestalten ist ein heiliges Brodeln in uns, bei denen Lasten ihr Gewicht verlieren und das Bittere auf der Zunge süße Spuren hinterlässt. Gehorsam schafft ein heilsames Aufbäumen, bei dem nicht wir, sondern unser Widerstand zu Gott zerbricht. Gehorsam ist kein Angstmacher, sondern Gottes Lernprogramm, dass so viel Christus wie möglich in uns Platz hat.
Können und wollen wir uns so einer himmlischen Passion verschießen?

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