Frischer Wind

umarmen, frei, geistgeprägt
Der Geist macht uns frei, das Unheil mit neuem Leben zu umarmen
Frischer Wind
Römer 8, 1+2, 10+11
„Verfahren eingestellt!“ hieß vergangene Woche die Botschaft in einem Brief der Staatsanwaltschaft Tübingen.  Die Kläger schreien auf und sind entsetzt, weil eine Straftat nicht verfolgt wird, der Angeklagte reibt sich sicher die Hände. Es tut einfach weh, wenn die Wahrheit gebeugt wird, wenn Schuld nicht zur Rechenschaft gezogen wird. Geschädigte können oft erst, wenn ein Geständnis ausformuliert und ein Urteil gefällt wird, das erlittene Unrecht verdauen.
Mit Pfingsten endet ebenso einer der größten Strafprozesse in der Geschichte.
Einer wartet in der U-Haft auf seinen Prozess. Es sieht nicht gut für ihn aus. Die Türe geht auf und er erfährt, dass nichts mehr gegen ihn vorliegt. „Sie können gehen. Sie sind frei. Planen, schaffen, wirken, lieben Sie.“

1. Welch ein Aufatmen

1  „Wer nun mit Jesus Christus verbunden ist, wird von Gott nicht mehr verurteilt. 2 Denn für ihn gilt nicht länger das Gesetz der Sünde und des Todes. Es ist durch ein neues Gesetz aufgehoben, nämlich durch das Gesetz des Geistes Gottes, der durch Jesus Christus das Leben bringt.“
Gott will Freiheit für alle, in einer spannenden Verbindung mit ihm. Gott hasst Verordnungen, verabscheut Zwang und alles was das Leben eingrenzt. Gott bebt über Unrecht, kämpft gegen das was belastet und wünscht dem Sterben den Tod. Gott denkt barrierefrei. Er will keinen Maschendrahtzaun und keine Eisenstäbe, keine Überwachungsanlagen und Sicherheitsschleusen. Wenn er ein neues Gesetz schafft, hat das nichts mehr mit Paragraphen zu tun, sondern das ist wie Schwerelosigkeit im Weltraum. Gott will pralles Leben, das grenzenlos aus allen Nähten quillt. Gott ist ein Ausbrecher. Das neue Gesetz durchbricht Raum und Zeit. Es sind Gesetzmäßigkeiten, die außerhalb unseres Denkens liegen.
Er gibt den Menschen einen endlosen Ozean als Lebensraum, doch der wählt lieber die Badewanne. Er schöpft nicht aus, sondern bezieht alles auf sich. „In meiner Badewanne, kann ich mir wenigstens eine eigene Meinung leisten.“ „Ich brauche niemand, der mir vorschreibt, in welchem Wasser ich mich aufhalten soll. Ich bin mein eigener Herr“ – „ich bin unabhängig und schaffe mein Leben selbst.“ Unentwegt poliert der Mensch wie ein Putzteufel am eigenen frommen Image.  „Du musst an dich selber glauben“,  das macht erschreckend unfrei. Der Mensch ist selbst in all seinen vornehmen und lobenswerten Absichten, in allem Bestreben das Gute zu fördern und schöpferisch tätig zu sein, nicht der Idealpartner der Gott gefällt. Es sind nicht nur das offensichtlich falsche Verhalten, das von Gott trennt, sondern auch das, wo kaum einer etwas zu kritisieren findet. Ja, es ist sogar ein Verhalten, das allgemein gelobt wird, wenn man menschenmögliches vollbringt und eigenen Kräften vertraut. Vollkommene, tolle Menschen werden wir nie mit eigener Anstrengung. Wir sind zwar seine Geschöpfe, tragen aber nicht automatisch das göttliche in uns. Das ist unser menschliches Gesetz und Verhängnis. Wir sind in uns selbst gefangen. Niemand kann aus seiner Haut.
Für die wahre Freiheit knackt Gott diese Nuss. Christus ist das Ausbrechen aus dem Hamsterrad. Für unser Recht wurde Christus gebeugt.
Voigt: „In Christus ist die alte Bindung erledigt, die sich viel verhängnisvoller ausgewirkt hat, als der Sünder – vor Christus – sich bewusst sein konnte.“
Erst mit Christus spricht nichts mehr gegen uns. Wir brauchen uns nicht mehr verteidigen. Wir brauchen nicht mehr „von unten her“ zu leben. In Christus, kratzt Gott unsere Schuld nicht mehr. Wir können aufatmen, weil ein neuer Geist weht. Durch den Geist können wir „von oben leben“. Wir kreisen nicht mehr unerbittlich um uns selbst, sondern durch den Geist kreisen wir um Gott.

2. Heiles für Kaputtes

10  „Wenn Christus in euch lebt, dann ist zwar euer Körper wegen eurer Sünde noch dem Tod ausgeliefert. Doch Gottes Geist schenkt euch ein neues Leben, weil Gott euch angenommen hat.“
Geistliches Leben realisiert sich genau in dem, was ein Gesetz nicht zuwege bringt. Der Geist schmeißt uns ins Wasser. Wir werden in ein anderes Lebenselement hineingeworfen. Wir sind plötzlich wie ein Fisch im Wasser. Wir leben in einer Umgebung, in der wir voll in unserem Element sind. 
Diese neue Gesinnung lässt sich nicht aus dem Alten generieren. Da steckt eine Gewalt dahinter, die man mit keiner Selbstkorrektur, Erziehung und Askese, oder durch mühevolles Ringen erarbeiten kann. Dieser Geist streicht nicht großflächig über Köpfe hinweg, sondern will gezielt Herzen formen. Glaube ist nichts Selbstgemachtes, sondern Geist-Geschenktes. Der Geist kommt aus der heilen Welt und macht stark, die Spannung einer unheilen Welt auszuhalten. Durch den Geist bekommt Christ sein das Qualitätssiegel. „Hier kocht der Chef!“ Der Geist macht Gott wieder zur Hauptperson. Wir leben mitten in der Welt, aber haben Abstand zu ihren Gesetzmäßigkeiten. Mittendrin sind wir weiter weg von uns. 
Auch wenn dieses neue Lebenselixier durch den Geist nicht leicht zu verstehen ist, es beginnt mit dem Ausradieren des alten Adams. Warum sollten wir ihn noch so schrecklich ernst nehmen? Er ist da, er macht uns auch zu schaffen, aber was soll´s? Der Geist ist die Leidenschaft in der Gelassenheit. Welche Stresspunkte können da unsere Freiheit rauben?
 
3. Wehe, wenn sie losgelassen
 „Ist der Geist Gottes in euch, so wird Gott, der Jesus von den Toten auferweckt hat, auch euren sterblichen Leib wieder lebendig machen; sein Geist wohnt ja in euch.“
Durch den Geist werden wir frisch. Dieser Geist ist nicht nur ein erhebendes Gefühl, das unseren Geist auf irgendeine Weise beflügelt, sondern das Dasein mit der Unsterblichkeit konfrontiert. Der Geist belebt die Grundidee der Schöpfung. Auf Tschernobyl entsteht ein Naturschutzgebiet. Die Schöpfung hat aufgehört gegen Gott zu rebellieren. Durch den Geist ist sie nicht mehr die Welt, die sich ihrem Gott entzieht und widersetzt. Unter seinem Wirken schmilzt die Eiszeit und bricht der Frühling des Kommenden an. Gott lässt mit seinen Geist bereits Ewigkeitswind wehen.
Pfingsten ist diese Brise für heute.
„Der Geist belebt die Welt des Aufstandes, des Abfalls, der Undankbarkeit, der Selbstherrlichkeit, des falschen Stolzes und des heillosen Sich-selbst-Zugrunderichtens.“ Voigt
Mit Pfingsten verlieren Scherbenhaufen ihren Schrecken. Wir stehen unter dem Geist des Aufstehens. Wir haben die Narrenfreiheit unendlich Mut zu machen. Auferstehungsleben ist körperlich spürbar. Auch unter extremen Belastungen können wir aufatmen. Hier verliert das Unheil seine Bedrohung. Da wächst Reife in Unreife. Da entsteht geduldiges Tragen mitten in Bitterkeit. Der Geist ist ein universales Lösungsmittel, das unsere heiklen Empfindlichkeiten wegputzt. Der Geist verwendet spannungsgeladene Verhältnisse für ein Menu, bei dem aus sauren Zutaten eine Delikatesse zubereitet wird.
Pfingsten macht den unfassbaren Osterglauben straßentauglich. Pfingsten reißt  in aller Auflösung christlichen Werte die Arme hoch. Pfingsten ist der frische Wind,  der einer verkrachten Beziehung, das Glück des 1.Tages schenkt.
Dieser Geist will uns von uns selber losreißen, dass wir frei sind, das Unheil mit neuem Leben zu umarmen.

 

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