Seite an Seite mit dem Hohlblockstein

Predigt vom 27.07.2025

1. Petrus 2, 4-10

Kommt zu ihm, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist. Laßt euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistliche Opfer darzubringen, die Gott gefallen. Denn, es heißt in der Schrift: Seht her, ich lege in Zion einen auserwählten Stein, einen Eckstein, den ich in Ehren halte. Wer an ihn glaubt, der geht nicht zugrunde. Euch, die ihr glaubt, gilt diese Ehre. Für jene aber, die nicht glauben, ist dieser Stein, den die Bauleute verworfen haben, zum Eckstein geworden, zum Stein, an dem man anstößt und zum Felsen.

Seite an Seite
mit dem Hohlblockstein

Er ist eher ein schlichter Stein, unscheinbar grau, bröselt ein bißchen – „HBL“  wird er respektlos genannt – der Stein, der immer dann vermauert wird, wenn sonst nix anderes da ist.

Er ist nicht die Sorte Stein, von dem der Maurer träumt, der Stein, aus dem so viele Mauern sind, den keiner mehr sieht, wenn der Gipser mit ihm fertig ist. Er verschwindet ganz leise unter Dächern und hinter Fassaden. Man sieht ihn nicht, wenn das Haus fertig ist.

Und doch ist er derjenige, der das Ganze trägt.

Betonieren kann ja jeder. Kirche ist als Mauer gedacht – nicht so wie DDR, sondern lebendig.

Wir sind als lebendige Mauer gedacht, in der jeder als lebendiger Stein mit dem anderen, neben dem anderen, unter oder über ihm den anderen zusammen trägt.

Seite an Seite mit dem Hohlblockstein – Christus ist

1.Unter uns

und

2.Neben uns

für das was

3.Vor uns liegt

1. Unter uns

Ich lege in Zion einen Eckstein, den ich in Ehren halte.

Wir sind von Gott dazu berufen, etwas Ganzes zu sein, eine Verbindung, eine Mauer, dieser Welt als Gegenüber und in ihr lebend. Gott hat den Menschen nicht als „Solo-Stein“ erschaffen und einsam und dekorativ in die Wüste gelegt. Gott will, daß Christen zusammen sind, daß Glaube sich gemeinsam ereignet. Nur so kann echte Kirche sein.

Unter uns  steht der schwerste, der wichtigste, der „Christus-Stein“. ER trägt die Kirche. Er hält sie nicht nur, sondern er gibt ihr Form, Richtung, Höhe, Aussehen und Ordnung.

Ohne Christus unter uns wäre die Kirche ein Haufen bunt übereinandergeworfener Kieselsteine – querbeet.

Ohne Christus unter uns wären wir bestenfalls eine Ruine, die schräg, wie der schiefe Turm von Pisa, steht.

Unter uns Christus – formgebend, platzanweisend. ER trägt alles, die ganze Mauer lastet auf IHM.

Eckstein  unter uns: Christus gleicht aus, lastet ab – das Zuviel der Sünde, der Welt und uns inclusive.

Wir sollen uns nicht die besten Plätze in der Mauer aussuchen. Christus kennt uns und weist uns Plätze zu im Sinne göttlicher Statik. Christus prägt das Gesicht der Mauer dadurch, daß ER sie selber gestaltet.

Unerforschliche, künstlerische Gesichtspunkte leiten ihn, seine Architektur. Unter uns ist ER! Die Diskussion über die Art und Weise, was er wie – wo – zusammenfügt bleibt außen vor. Es gibt nichts mit ihm zu diskutieren unter denen, die vertrauen, auch dann nicht, wenn direkt neben uns ein Hohlblockstein lebt.

2. Neben uns

Laßt euch aufbauen zu einer Mauer.

Gottes Ziel ist ganz klar Gemeinschaft:

neben uns – mit dicken, großen, kleinen, harten, weichen, eckigen, runden oder scharfkantigen Steinen.

neben unbehauenen, wildromantischen oder kahlen Steinen.

neben fetten Brocken und total gespaltenen Steinen

neben nachdenklichen, stürmischen oder kurzentschlossenen Steinen.

neben jungen und alten, männlichen oder  weiblichen, neben modernen oder konservativen oder „ich-weiß-nicht“-welchen Steinen.

neben evangelischen, katholischen, „Kleinschotter“ und sonstigen Kieselsteinen.

Hätte Gott etwas Uniformiertes gewollt, er hätte die Kirche betoniert:  Einheits-Zementgrau. Aber er wollte lebendige, verschiedene Steine. Der Einzelne soll nicht im Großen untergehen. Er soll Teil des großen Ganzen sein – Facette, Farbtupfer, Bereicherung.

Es gibt sehr viel Platz für unterschiedliche Gaben, Fähigkeiten und Interessen. Christus stoppt nicht ab, er entfaltet.

Gott mutet uns zu, neben einem Hohlblockstein zu sein, aber nicht so dicht drauf, daß unser persönliches Gepräge dabei untergeht. Dazwischen ist – das weiß jeder Maurer – immer eine Dehnungsfuge für das Lebendige unter den Steinen.

Die Suche nach Gott führt immer in die Gemeinschaft und zu der Frage, wieviel und in welcher Form wir bereit sind, unser privates Profil in Gottes Profil hinein zu opfern.

Der Hohlblockstein muß es akzeptieren, wenn man Teile von ihm mit der Axt weghaut, damit er in die Mauer paßt.

Lebendige Steine, lebendige Christen, haben lebendige Lebenserwartung. Christus gliedert sie ein. Er wirkt, daß jeder lebendig bleiben kann.

Da bin ich – und neben mir ist jene andere Sorte Stein, mit der ich so schwer leben kann.

Wie will ich mit dem ewig leben, gemeinsam eine Mauer sein? Neid, Geiz, Mißgunst und Haß haben sowieso keinen Platz in der Mauer Gottes. Unterschiedliche Steine müssen gemeinsam eine Mauer sein.

Wir sollen und wir können nur gemeinsam stehen.

Wenn Christus mich trägt, ist doch gar nicht die Frage, wer neben mir steht und wie und wo ich stehe. Es ist nur die Frage, wie Steine in der Mauer zueinander sind – steinhart oder eher anders?.

„Friede unter Steinen“ ist kein Zufallsprodukt, er muß in Christus erarbeitet sein, eine Lebensaufgabe. Keiner kann aus der Mauer herausfliehen. Wer sich entzieht, entwickelt die Kirche zur Ruine. Rückzug gilt nicht. Aufbau ist angesagt. Aufbau weit über die persönliche Grenze hinaus, weit über das, was man sich selber zutraut, hinein in die Möglichkeiten Gottes. Nur so gelingt es uns, gemeinsam die Grenze zu finden zwischen mir und dir, zwischen Back- oder Hohlblockstein. Nur so ist Platz für neue Steine, Platz für Entdeckung und Platz zum Aufbau.

Laßt euch als lebendige Steine aufbauen zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus heilige Opfer darzubringen.

Wir sind als eine Zufluchtsstätte geplant, als Mauer für die Welt, die Schlußpunkt

3. Vor uns liegt

Wir stehen als Mauer, als Schutzwall und als Grenze – Stein auf Stein.

Das ist kein Spaßprogramm, sondern heilige Priesterschaft – Opfer.

Wir sind Bauwerk Gottes – ob als Kathedrale oder Hundehütte, Brückenpfeiler oder Pyramide.

Wie die Mauer aussieht, liegt nicht bei uns, zu was sie bestimmt ist, auch nicht.

Wir wissen nicht, wieviel sie zu tragen hat. Wir wissen nur, daß sie unsere Aufgabe ist, der Ort, an dem unser Glaube konkret wird – in der Gemeinschaft der Steine.

Wir sollen lebendige Steine in einem lebendigen Bauwerk sein. Nichts ist zementiert, nichts ist betoniert, nichts klebt.

Die Betonung liegt auf „Leben“.

Wir sollen die einzige Mauer sein, die lebt, schon stabil, aber nicht festgefahren ist.

Lebendige Steine sollen wir sein – also auch nicht verkrampft in den einsamen Kampf um einsame Interessen.

Nicht: jeder für sich

sondern: wir für alle

heißt die Devise

Christus weitet unser Bewußtsein auf einzigartige Art.

Stein in der Mauer sein – das heißt:

für andere den Wind ins Gesicht kriegen

für andere schwitzen

für andere naß werden oder frieren.

Stein in der Mauer sein heißt auch:

von anderen gehalten zu sein

von anderen beschenkt zu werden

von anderen gehört zu werden

Es kostet Kraft, Schutzmauer zu sein, Zuflucht zu geben denen, die nicht mehr weiter wissen.

Es kostet Kraft, mit zu weinen mit einem Menschen, dessen Leben gescheitert ist.

Es kostet Kraft, den zu trösten, der nicht mehr will und dessen Hoffnungen verdorren.

Wir sind dazu gerufen, es ist unsere Lebensaufgabe.

Wir sind dazu beauftragt, auf dem Stein zu stehen, den die Fachleute verworfen haben.

Lebendige Kirche ist dazu gemacht, auf dem Stein zu stehen, der nach Expertenmeinung untauglich dafür ist.

Wir stehen auf Christus, nicht, weil nichts anderes da ist, sondern weil er der einzige Stein ist, der in der Lage ist, so etwas wackeliges wie eine Mauer aus lebendigen Steinen zu tragen.

Stehen wir auf Christus, stehen wir immer richtig, weil er der Einzige ist, der eine Mauer trägt, die aus lauter Hohlblocksteinen besteht.

Der heutige Predigttext vermittelt uns die zentrale Erkenntnis:

Wer auf Christus steht, steht immer richtig – auch wenn es Seite an Seite mit einem Hohlblockstein ist. Amen.

 

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