Sonntag, 7. Juli 2024 –
Apostelgeschichte 8, 26-39
Ein Engel des Herrn forderte Philippus auf: »Geh in Richtung Süden, und zwar auf der Straße, die von Jerusalem nach Gaza führt und nur selten genutzt wird.« Philippus machte sich sofort auf den Weg. Zur selben Zeit war auf dieser Straße auch ein Mann aus Äthiopien mit seinem Wagen unterwegs. Er war ein Hofbeamter der Königin von Äthiopien, die den Titel Kandake führte, der ihr Vermögen verwaltete. Eben kehrte er von Jerusalem zurück, wo er als Pilger im Tempel Gott angebetet hatte.
Während der Fahrt las er im Buch des Propheten Jesaja. Da sprach der Heilige Geist zu Philippus: »Geh zu diesem Wagen und bleib in seiner Nähe.«
Philippus lief hin und hörte, dass der Mann laut aus dem Buch Jesaja las. Er fragte den Äthiopier: »Verstehst du eigentlich, was du da liest?« »Nein«, erwiderte der Mann, »wie soll ich das denn verstehen, wenn es mir niemand erklärt!« Er bat Philippus, einzusteigen und sich neben ihn zu setzen.
Gerade hatte er die Stelle gelesen, wo es heißt: »Er war stumm wie ein Schaf, das man zur Schlachtung führt. Und wie ein Lamm, das sich nicht wehrt, wenn es geschoren wird, hat er alles widerspruchslos ertragen. Er wurde gedemütigt, nicht einmal ein gerechtes Urteil war er seinen Peinigern wert. Niemand glaubte, dass er noch eine Zukunft haben würde. Denn man hat sein Leben auf dieser Erde ausgelöscht.«
Der Äthiopier fragte Philippus: »Von wem spricht hier der Prophet? Von sich selbst oder von einem anderen?«
Da begann Philippus, ihm die rettende Botschaft von Jesus ausgehend von diesem Prophetenwort zu erklären.
Als sie schließlich an einer Wasserstelle vorüberfuhren, sagte der äthiopische Hofbeamte: »Dort ist Wasser! Spricht etwas dagegen, dass ich jetzt gleich getauft werde?« Er ließ den Wagen anhalten. Gemeinsam stiegen sie ins Wasser, und Philippus taufte ihn. Nachdem sie aus dem Wasser gestiegen waren, wurde Philippus vom Geist des Herrn an einen anderen Ort versetzt. Der Äthiopier sah ihn nicht mehr, aber er reiste mit frohem Herzen weiter.
Wenn Er Regie führt
Regie – sagt das Lexikon: „Regie ist die verantwortliche Leitung durch einen Regisseur. Jener gestaltet eine Aufführung oder Sendung wesentlich, bei Theater, Oper, Film, Hörfunk und Fernsehen.“
In unserem Text führt Gott Regie. In drei Punkten schauen wir an wie er lenkt, und das Resultat am Schluss heißt: „Er reiste mit frohem Herzen weiter.“
1. Der Fremde
2. Der Gesandte
3. Der Auftrag
1. Der Fremde
Ein Mann aus Äthiopien, ein Hofbeamter, wird uns ohne Namen vorgestellt. Er verwaltete das Vermögen der Königin, heute würden wir sagen, er war ihr Finanzminister.
Dieser Mann war als Pilger unterwegs nach Jerusalem. Die Umstände dazu werden uns nicht beschrieben.
Er hat Sehnsucht nach mehr, Sehnsucht nach Erfüllung, nach dem Sinn des Lebens, nach einer Begegnung mit dem lebendigen Gott. Sie liegt schöpfungsgemäß in jedem Menschenherzen.
Der Mann hatte von den Wundern und Handlungen des einen Gottes Jahwe gehört und deshalb machte er sich auf in die gelobte Stadt. Rund zweimal 2.000 km Weg, um Gott anzubeten.
Der Finanzbeamte sucht die Nähe zu Gott.
Und sicherlich hat Augustin recht, wenn er sagt: „Unser Herz ist so lange unruhig in uns, bis es seine Ruhe findet, Gott, in dir.“
Gut, wenn es Menschen gibt mit diesem Verlangen nach mehr. Viel eher herrscht doch Gleichgültigkeit und Belanglosigkeit vor.
Gott führt hier Regie. Er lässt diesen Mann in seiner Sehnsucht nicht allein. Er versucht, ihm eine Hilfe an die Seite zu geben.
2. Der Gesandte
Philippus, einer der sieben Almosenpfleger der Gemeinde in Jerusalem – er wirkte als Evangelist und wird nun von einem Engel gesandt. Regie Gottes mittels eines Engels.
Werner Jetter: Ich glaube nicht, dass uns die Engelweisungen heute fehlen, sondern eher, dass wir schwerhörig geworden sind. Unsere Welt ähnelt immer mehr einem Maschinensaal, in dem der Mensch sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Gottes Engel pflegen zu flüstern.
Bekommen wir wirklich keine Winke mehr? Oder liegt es daran, dass wir die Liebe in den Anstalten kaserniert und den Glauben auf den Gottesdienst beschränkt haben, in der Arbeit ohnehin gehetzt, aber in der Freizeit auch zu eilig sind?
Überprüfen wir uns, wo wir in der Hektik, im Lauten sind, wo wir das Flüstern nicht mehr hören. Gott will auch heute noch Regie führen – manchmal durch eine Geste, ein gutes Wort, eine kleine Tat, die er von uns erwartet, uns lenken lassen will durch seine Engel.
Philippus machte sich sofort auf den Weg. Er philosophierte nicht: Jetzt bei dieser Hitze ist doch niemand auf der Straße, was soll ich da – ein Hirngespinst! Nein – er geht.
Gott handelt und wartet auf unsere Bereitschaft. Er will uns senden, uns gebrauchen. Jeden an seinem Platz.
Philippus lässt sich senden und geht zu dem Wagen, der ihm gezeigt wird.
3. Der Auftrag
Der Äthiopier liest laut in der Schriftrolle, die er im Tempel in Jerusalem erworben hatte. Er wollte weiter kommen mit seiner Sehnsucht, kann aber die Ausführungen nicht einordnen. Da kommt Philippus und fährt ein Stück Wegs mit ihm.
Und wir? Da ist es ein Bekannter, Nachbar, ein Freund oder eine Freundin. Einer neben uns, einer mit uns.
Sie sind im Fragen, im Suchen. Lassen wir uns da unterbrechen?
Natürlich gibt es Leute, die einem die Zeit stehlen, die sich nur selbst wichtig machen wollen – aber genauso Menschen in Not, in echten Problemen. Wenn wir ihnen unsere Zeit schenken, dann ist „die verschenkte Zeit gewonnene Zeit“ wie es Werner Jetter ausführt.
Jetter: Vielleicht will Gott nicht mehr von uns, als dass der andere in uns einen findet, der ein Stück weit mitfährt und mit dem er reden kann? Vielleicht will er ihm seine große Hilfe durch unsere kleine Hilfe geben.
Es ist wichtig, dass wir dazu auf das Mahnen, das Flüstern des Geistes hören und es ernst nehmen.
Philippus, der Gesandte, gibt dem Fremden Nachhilfeunterricht. „Er übermittelt ihm die rettende Botschaft von Jesus“ , heißt es in unserem Text.
Der Regierungsbeamte nimmt diese Botschaft auf. Für den Hörenden gibt es kein Zögern, kein Verschieben. „Ich möchte getauft werden.“ Ich möchte gleich ernst machen mit meinem Glauben.
Sie steigen ins Wasser und der Äthiopier lässt sich taufen. Diese Glaubenstaufe ist der Akt der Rückkehr zu Gott, der Anfang des neuen Weges.
Der Äthiopier hatte begriffen, wie Gott Regie führte und er dadurch seine Sehnsucht gestillt bekam. Er hatte die Begegnung mit seinem Boten und somit mit Gott selbst.
Gottfried Voigt: Hier wird ein Mensch gefunden, und in dem er gefunden wird, findet er. Gott gibt sich viel Mühe, um es dahin kommen zu lassen.
Ob wir es wahrnehmen oder nicht: Es wird bei keinem von uns anders sein, auch wenn unser äußeres und inneres Werden unscheinbarer verläuft als bei dem äthiopischen Finanzminister.
Weiter Voigt: keiner ist zu weit weg, als dass Gott seinen Weg zu ihm nicht finden und ihn erreichen könnte. Das gilt für die äußere Ferne; das gilt für die innere Ferne. Es gibt da keine aussichtlosen Fälle. Ein einzelner Mensch ist Gott so wichtig, dass er um seinetwillen eine Menge Hebel in Bewegung setzt.
Gott führt Regie – hier beim äthiopischen Beamten – genauso bei uns. Lassen wir uns finden von ihm.
Wo Jesus der Bestimmende für und in unserem Leben wird, können wir fröhlich unsere Straße ziehen.
Bei ihm können wir alles zurücklassen, was uns belastet, was falsch war. Bei ihm können wir abladen unsere Sorgen und Nöte.
Ihm können wir anvertrauen, was wir nicht verstehen oder begreifen. Er ist da in unserem Dunkel, in der Hoffnungslosigkeit und in aller Schwachheit. Er ist da, er beschenkt uns und macht uns reich. Er erschließt uns die Freudenquelle.
Bei ihm finden wir Erfüllung, Stillung unserer Sehnsucht, Kraft auf unserem Weg.
Sind wir empfindsam für Gottes Regie, für sein Reden, sein Flüstern zu uns, wo er uns als sein Werkzeug gebrauchen will. Schenken wir ihm unsere ganze Offenheit.
In allem können, dürfen und müssen wir ihm vertrauen. Er will uns, jeden einzelnen, und zwar ganz. AMEN